Der deutsche Rekordmeister Bayern München beauftragte 2016 die internationale Anwaltskanzlei Cleary Gottlieb zu prüfen, unter welchen Umständen der Verein die Bundesliga und die Champions League verlassen könnte.
Dabei wurden konkrete Fragen erörtert, wie beispielsweise, ob Bayern München weiterhin Nationalspieler abstellen müsste oder die nationalen und internationalen Verbände den Verein für seinen Ausstieg aus den Wettbewerben haftbar machen könnten, berichtet der SPIEGEL in seiner neuen Ausgabe.
Den Auftrag an die Kanzlei erteilte Michael Gerlinger, Chefjustiziar des FC Bayern München, der 2016 in einer Art Geheimbund mit sechs weiteren Großklubs Pläne für die Gründung einer eigenen Super League erarbeitete.
Dieses Drohszenario der europäischen Topklubs für einen Ausstieg aus den etablierten Wettbewerben konnte der europäische Dachverband Uefa lediglich verhindern, indem er den Spitzenvereinen ab der Champions-League-Saison 2018/19 deutlich mehr Geld und Macht zugestanden hat. Das geht aus einem Datensatz hervor, den die Enthüllungsplattform Football Leaks dem SPIEGEL zugespielt hat. Das Hamburger Nachrichten-Magazin teilte die über 70 Millionen Dokumente mit dem Recherchenetzwerk European Investigative Collaborations (EIC). 80 Journalisten aus 15 europäischen Medienhäusern werteten die Dokumente acht Monate lang aus.
Dass das Super-League-Thema weiterhin präsent ist, zeigt der Entwurf einer »bindenden Absichtserklärung«, der am 22. Oktober dieses Jahres von der Firma Key Capital Partners an Real Madrids Präsidenten Florentino Pérez geschickt wurde. Wenn alles so kommen sollte, wie es in dem »Binding Term-Sheet« steht, wird es die Champions League von 2021 an nicht mehr geben. Stattdessen würden sich elf der wichtigsten Vereine des Kontinents von der Uefa lossagen und eine neue Eliteklasse gründen, die sich European Super League nennt. Die elf »Gründer« könnten nicht absteigen, sie wären 20 Jahre lang dabei. Weitere fünf Klubs würden als »Anfängliche Gäste« mit aufgenommen, sodass die neue Königs - klasse aus 16 Mannschaften bestünde. In dem Papier wird der FC Bayern München als einer der »Gründer« genannt, Borussia Dortmund ist als einer der »Anfänglichen Gäste«
vorgesehen. Auch die möglichen Geschäftsanteile an einer gemeinsamen European Super League-Firma sind in dem Papier bereits angegeben. Bayern München wäre demnach mit 8,29 Prozent der viertgrößte Aktionär. Das Projekt, so steht es in dem Papier, unterliege höchster Geheimhaltung. Als Datum für die Unterschrift der 16 Klubvertreter unter das »Binding Term-Sheet« ist November 2018 vorgesehen, nur der konkrete Tag ist noch offen- gehalten.
Auf Anfrage wollten weder Real Madrid, die Firma Key Capital Partners, noch Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke das konkrete Papier kommentieren. Dass es aber aktuell Gespräche über eine Super League gäbe, »das ist klar, und ich glaube auch, dass ein paar der großen Klubs Europas da deutlich dran stricken«, sagt Watzke. Allerdings seien diese Pläne wohl noch »nicht sehr konkret«.
Dies hänge auch mit einer entscheidenden Frage zusammen: Soll die Super League zusätzlich zur oder anstelle der Bundesliga stattfinden. »Das ist die Brandmauer«, sagt Watzke, »so lange ich hier Verantwortung trage, wird der BVB die Bundesliga nicht verlassen.« Darüber hinaus müsse sich die Borussia aber »alle Optionen aufhalten«. Denn wenn es einmal zu einer Super League kommen sollte, »dann würde das nicht ohne den BVB gehen«.
Michael Gerlinger und Karl-Heinz Rummenigge ließen eine schriftliche Anfrage zu den neuen Super-League-Plänen und zu den Absprachen des Geheimbundes vom Mediendirektor des FC Bayern München beantworten: »Weder die Existenz, noch der Inhalt« des Entwurfs des »Binding Term-Sheet« seien dem Rekordmeister bekannt, man nehme zudem »zu vertraulichen Gesprächen grundsätzlich keine Stellung«.