Der neue Wirtschaftsweise Achim Truger will Steuern erhöhen, den Euro-Stabilitätspakt lockern und die Schuldenbremse verändern.
"Der Spitzensteuersatz kann um ein paar Prozentpunkte steigen, ohne dass es ökonomisch Probleme bereitet", sagte Truger der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwochsausgabe). Das Steuersystem sei ungerecht.
"Die oberen 30 Prozent zahlen heute weniger als vor 20 Jahren, die unteren 70 Prozent mehr", so der neue Wirtschaftsweise weiter.
Der Staat müsse mehr für Straßen und Schulen ausgeben, es fehle an Wohnungen. Truger fordert höhere staatliche Investitionen, um einen drohenden Abschwung zu verhindern. Dafür will er die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse verändern.
"Ich würde Investitionen von der Schuldenbremse ausnehmen. Sie ist ohnehin zweifelhaft", so der Wirtschaftsweise. Es gebe keine Begründung für ein Defizit in dieser Höhe. "Wir müssen einen Sparkurs vermeiden, falls die Konjunktur abstürzt, sonst geht es richtig schief", so Truger weiter.
Er setzt sich für mehr Flexibilität beim Stabilitätspakt ein, der sich heute nur zum Preis sozialer Verwerfungen einhalten lasse. "Man sollte Investitionen nicht aufs Defizit anrechnen und nicht auf Gesamtschulden von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung beharren. Es reicht, das aktuelle Niveau zu halten", sagte der Wirtschaftsexperte.
Es dürfe zwar keinen Freibrief für die Euroländer geben, zu tun, was sie wollten. "Aber alles so weiterlaufen zu lassen, bedroht Europa im Kern", so Truger weiter. Er begrüßte das neue Sozialstaatskonzept der SPD.
"Ich führe den Absturz der SPD stark auf die Agenda 2010 zurück. Viele verloren das Vertrauen, dass sie sich für kleine Leute einsetzt", so der neue Wirtschaftsweise. Das neue Konzept scheine anzukommen.
"Ich finde es auch ökonomisch richtig. Längeres Arbeitslosengeld verbunden mit Qualifizierung schützt vor Risiken", sagte Truger der "Süddeutschen Zeitung". Wer schnell auf Hartz IV falle, nehme in der Not Jobs an, für die er überqualifiziert sei.
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