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Finanzsystem: Tanz auf der Rasierklinge

Während bei einem prallen Luftballon klar ist, dass er mit jedem weiteren Pusten platzen kann, glauben die Anleger, dass die Verschuldungsblase unendlich dehnbar ist. Die realen Zahlen sind allerdings beängstigend.

 

von Rolf Ehlhardt

Ich habe schon wiederholt in meinen Kolumnen auf die Gefahren der Notenbankpolitik hingewiesen. Oft erhalte ich die Antwort, dass die Zahlen bekannt sind, aber „nichts passiert“. Es ist halt wie bei einem prall aufgeblasenen Luftballon. Während jedem beim Luftballon klar ist, dass er mit jedem weiteren Pusten platzen kann, glauben die Anleger, dass die Verschuldungsblase unendlich dehnbar ist. Die realen Zahlen sind allerdings beängstigend.

Die weltweiten Staatsschulden haben sich seit der letzten Krise auf 70 Billionen in etwa verdoppelt. Die Gesamtschulden auf über 250 Billionen. Bei einem Welt-BIP von fast 85 Billionen, nach ca. 60 Bill. vor 10 Jahren. Die Schulden übersteigen aktuell das BIP in etwa um das 3-fache. Wer nachrechnet kommt zu dem Ergebnis, dass die 2 1/2 mal schneller gestiegen sind, als das BIP. Nachhaltigkeit rechnet sich anders.

Was besonders bedenklich ist, dass die letzten 10 Jahre die am längsten anhaltende Wachstumsphase der Nachkriegsgeschichte war. Im Ergebnis allerdings auch mit den schwächsten Wachstumsraten nach einer Rezession der Geschichte.

Dabei war nicht nur die Schuldeninflation der Treiber, sondern auch die auf bzw. unter Null manipulierten Zinsen. Das Anleihen Volumen der EZB wuchs von  115,6 Mrd. in 2015 auf jetzt 2.673 Mrd. um das 23-fache. Der europäische Gerichtshof sieht aber darin keine verbotene Staatsfinanzierung durch die EZB. Vertrauensbildung geht so nicht.

Volkswirte wie der ehemalige IWF-Ökonom Kenneth Rogoff haben errechnet, dass ein Staat mit einer Verschuldungsquote von 60% zum BIP problemlos leben kann. Diese Erkenntnis wurde damals auch in die Kriterien des Euros übernommen. Bei über 90% wird von der „Todeszone“ gesprochen.

Der Teufelskreis heißt: Je höher die Schulden, umso geringer das Wachstum. Umso geringer das Wachstum, umso höher steigen die Schulden. In der Eurozone liegen mit Griechenland, Italien, Portugal, Zypern, Spanien, Frankreich und Belgien bereits 7 Staaten über 100%. Nach dem Brexit, sind das 3 der 4 größten Volkswirtschaften in der EU.

Deutschland ist fast ein Musterknabe. Liegt aber immer noch knapp über den Kriterien von Maastricht. Dafür werden wir aber von vielen Seiten gescholten. Ironischer weise von denen, die schon immer über ihre Verhältnisse leben. Allerdings schwächelt der „Turm“ kräftig.

Nicht nur bei den Auftragseingängen, sondern auch der Arbeitsmarkt. Allein die Banken und die Autoindustrie rechnen mit dem Abbau von über 100.000 Arbeitsplätzen. Und ganz erschreckend die Pisastudien. Ein Drittel der untersuchten Schüler konnten schlecht lesen. Das Ende von „Made in Germany“ könnte vorprogrammiert sein.

Inzwischen gingen durch die Zinsrückgänge dem deutschen Sparer über 750 Mrd. an Zinseinnahmen verloren. Rentenvorsorge durch Sparen, Lebensversicherungen, Pensionsfonds und Unternehmen gestalten sich immer schwieriger und führt sogar zu Kaufkraftverlusten.

Die Lücke zwischen Pensionszusagen und Rücklagen wächst. Auch erste solcher Kapitalsammelstellen kommen in die Bredouille. Die Bafin will die Pensionskasse der steuerberatenden Berufe schließen. Steigende Altersarmut, sinkender Lebensstandard, Widerstand gegen Euro (Finanzierung anderer Länder), politisch noch größerer Ruck nach rechts wären denkbare Auswirkungen.

Das gesamte Szenario ist entstanden in einer Phase des Wirtschaftswachstums.

Was passiert, wenn dieses in Richtung Null tendiert, oder sogar in eine rezessive Phase eintritt? Oder noch schlimmer, wenn der „America-first“-Präsident  eine kriegerische Auseinandersetzung mit dem Iran beginnt?

Neben einem explodierenden Ölpreis (Amerika ist Öl-Selbstversorger), der die Weltwirtschaft noch weiter bremst, dürfte eine neue Flüchtlingswelle losgetreten werden und Europa (nach Amerika wird keiner flüchten) weiter schwächen (Migration als Waffe).

Wir dürfen alle hoffen, dass diese Schreckensszenarien nicht eintreten. Aber wenn, wird er abrupt und massiv eintreten. Ein Reagieren auf die „neue“ Situation könnte unmöglich sein.

Der Anleger sollte daher sich in „ruhigen“ Zeiten darauf vorbereiten. Es wird nicht darauf ankommen, ob man den Tag der Überschwemmung genau vorhergesagt, sondern, ob man ein Boot gebaut hat. Wichtigste Bausteine dürften die schuldenfreie, selbstgenutzte Immobilie und ein kräftiger Anteil (20%) an Edelmetallen sein. Dieser sollte zum Teil auch physisch gehalten werden. 

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