Immer mehr Arbeitnehmer aus der Mittelschicht müssen den Spitzensteuersatz zahlen, der früher für Top-Gehälter reserviert war. Im bisher letzten abgeschlossenen Finanzjahr 2015 traf der Satz von 42 Prozent 3,5 Millionen Bürger.
Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor, über die die "Süddeutsche Zeitung" (Montagsausgabe) berichtet.
Für 2018 schätzt die Regierung die Zahl auf vier Millionen. Die Hälfte der Zahler verdient 5.000 bis knapp 7.000 Euro brutto im Monat. Damit erfasst der Spitzensatz bereits Arbeitnehmer, die das 1,5-fache des Durchschnittslohns bekommen.
Im Jahr 1965 musste jemand das 15-fache des Durchschnittslohns verdienen, um den Spitzensatz zu zahlen. Angesichts der vollen Haushaltskassen, der 2019 einen Überschuss von 50 Milliarden Euro erzielte, ist eine Debatte darüber entbrannt, ob nicht die Steuern für die Mittelschicht sinken müssten.
In einer ungewöhnlichen Allianz fordern sowohl FDP-Parteichef Christian Lindern als auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch, die Arbeitnehmer n der Mitte zu entlasten. "Wir sollten Facharbeiter und Menschen mit mittleren Einkommen aus der Spitzenbesteuerung rausholen", sagte Bartsch der SZ. "Wir brauchen eine große Steuerreform, die kleine und mittlere Einkommen besserstellt. Wer weniger als 7.100 Euro brutto im Monat hat, sollte weniger zahlen."
"Es ist eine Schande, dass sich der Spitzensteuersatz tief in die arbeitende Mitte der Gesellschaft vorgefressen hat", sagte Lindner. "Hier reden wir nicht über Manager und Profifußballer, sondern den Facharbeiter in der Autoindustrie oder die Personalreferentin im mittelständischen Betrieb. Wir brauchen dringend eine Steuerreform, die der arbeitenden Mitte Luft zum Atmen verschafft und deutlich macht, dass sich zusätzliche Anstrengung lohnt". Die Bundesregierung lehnt eine breite Steuerreform für die Mitte bisher ab.
Foto: Finanzministerium, über dts Nachrichtenagentur