Coronakrise: Führende Ökonomen fordern Abrücken von schwarzer Null und Steuersenkungen – Rettungsfonds für Unternehmen als Ultima Ratio
Angesichts der Gefahr einer Wirtschaftskrise durch die Corona-Epidemie haben sechs führende deutsche Ökonomen einen Plan ausgearbeitet, mit dem die Bundesregierung gegen eine Rezession angehen soll. Das 15-seitige Papier, das am Mittwoch offiziell präsentiert werden soll, liegt dem Handelsblatt vor. Darin sprechen sich die Ökonomen für ein Abrücken vom schuldenfreien Bundeshaushalt aus.
Von einem Festhalten an der schwarzen Null sei „dringend abzuraten“, heißt es in dem Papier. „Wenn erforderlich, muss zur Behebung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise vom Prinzip der schwarzen Null abgewichen werden und es sind die Spielräume zu nutzen, die die Schuldenbremse bietet.“
Die Ökonomen fordern sowohl Liquiditäts- wie auch Solvenzhilfen für Unternehmen. Unter anderem plädieren sie für ein Vorziehen des für Anfang 2021 geplanten Abbaus des Solidaritätszuschlages auf Juli. „Dies kann zu relativ geringen fiskalischen Kosten das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politik und in eine rasche wirtschaftliche Belebung nach dem Abflauen der Krise stärken“, heißt es im Papier.
Zudem sei die „generelle Stundung von fälliger Steuerzahlungen“ für Unternehmen genauso denkbar wie eine „temporäre Herabsetzung der Einkommen- und Körperschaftsteuer“. Als Ultima Ratio schlagen die Ökonomen einen Rettungsfonds vor, über den sich der Staat an Unternehmen beteiligen kann – ähnlich wie es mit Banken während der Finanzkrise geschah.
„Wenn es nicht gelingen sollte, die Ausbreitung der wirtschaftlichen Schockwellen einzudämmen, so dass es in größerem Stil zu Unternehmensinsolvenzen käme, wäre als Ultima Ratio an Maßnahmen zu denken, bei denen sich der Staat mit Eigenkapital an Unternehmen beteiligt“, heißt es im Papier.
Die sechs Ökonomen sind Ifo-Präsident Clemens Fuest, der frühere Wirtschaftsweise Peter Bofinger, der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, Sebastian Dullien vom gewerkschaftsnahen IMK sowie Gabriel Felbermayr, Chef des Instituts für Weltwirtschaft, und Jens Südekum von der Uni Düsseldorf. Sie erwarten starke wirtschaftliche Auswirkungen durch die Coronakrise.
Die Schwierigkeit sei, dass es sowohl einen Nachfrage- wie auch einen Angebotsschock gebe. So haben Unternehmen Produktionsprobleme, da sie Zulieferteile aus China nicht bekommen. Es spreche vieles dafür, dass „der deutschen Volkswirtschaft der Höhepunkt dieser Produktionsausfälle noch bevorsteht“, schreiben die Ökonomen.
Aufgrund der zeitlichen Verzögerung durch die Transportwege dürften sich die Auswirkungen „Mitte März mit voller Wucht zeigen“. Gleichzeitig gebe es auch eine schwächere Nachfrage. China und andere Staaten würden weniger Produkte aus Deutschland ordern. Und im Inland leidet die Tourismus- und Veranstaltungsbranche. Für die Experten steht fest, dass Deutschland als offene Volkswirtschaft „stärker als andere Länder von den wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus gefährdet“ sei.