„Kredite“ heißt das Zauberwort. Kredite, die dank der Magie der Gelddruckmaschine in unbegrenzter Höhe zur Verfügung zu stehen scheinen. Doch der Tag der Abrechnung rückt näher. Nicht nur wegen Corona.
von Claus Vogt
Weltweit werfen Politiker mit Geld um sich, als gäbe es kein Morgen mehr. Ausgaben von hunderten Milliarden, ja Billionen Dollar oder Euro sind jetzt zum Normalfall geworden. Geld, das keine Regierung hat und das sie niemals durch Steuererhöhungen vereinnahmen könnte – oder auch nur wollte.
„Kredite“ heißt das Zauberwort. Kredite, die dank der Magie der Gelddruckmaschine in unbegrenzter Höhe zur Verfügung zu stehen scheinen. Zum nunmehr dritten Mal in 20 Jahren wird eine Krise, die im Kern eine weltweite Schuldenkrise ist, mit noch mehr Schulden bekämpft.
Mit keynesianischen Konjunkturprogrammen hat das, was hier geschieht, kaum noch etwas gemein. Denn die über zwei Jahrzehnte entstandenen ökonomischen Ungleichgewichte und Fehlentwicklungen sind inzwischen so groß geworden, dass es nicht mehr um die Ankurbelung der Wirtschaft und das Abfedern eines Abschwungs geht, sondern nur noch um das Hinauszögern des Zusammenbruchs der Schuldenpyramide und mit ihr des Finanzsystems.
Mit Vollgas in die Pleite
Das Geschehen der vergangenen Monate zeigt einmal mehr, wie fest entschlossen die Politiker dies- und jenseits des Atlantiks – und natürlich auch in China – sind, den eingeschlagenen Weg in den Ruin durch Geldentwertung nicht zu verlassen.
In den USA wurde die Geldmenge innerhalb weniger Monate im Vergleich zum Vorjahr um 25% ausgeweitet. In der EU wird sie derzeit mit einer Jahresrate von 9,2% erhöht, Stand Juli 2020, und die EZB hat seit Ende Februar dieses Jahres ihre Bilanzsumme durch den Kauf von Anleihen um unglaubliche 1.717 Mrd. € ausgeweitet.
Die Lehren der Geschichte werden in den Wind geschlagen, der gesunde Menschenverstand wird mit Verachtung gestraft. Das Geld der Anderen lässt sich eben leicht verpulvern. Verantwortung für nachfolgende Generationen, vorausschauendes Handeln und ordnungspolitische Weitsicht finden nicht mehr statt. Weiterwursteln um jeden Preis heißt die politische Devise.
Aus Sicht eines kurzfristig orientierten Politikers ist eine Geldentwertung die mit Abstand bequemste und einfachste Antwort auf das Problem der Überschuldung. Das hohe Geldmengenwachstum, das sogar die Werte der hochinflationären 1970er Jahre deutlich übertrifft, zeigt auf, wohin die Reise gehen soll.
Mehr wert als die ganze japanische Börse
Die Älteren unter Ihnen erinnern sich wahrscheinlich noch an die irrsinnigen Bewertungen der japanischen Börse Ende der 1980er Jahre. Am Höhepunkt dieser Spekulationsblase – der ersten großen Aktien- und Immobilienblase der Nachkriegszeit – machten Vergleiche die Runde, mit denen der Irrsinn des Geschehens illustriert werden sollte.
Beispielsweise war der Immobilienwert des belgischen Botschaftsgeländes in Tokio damals höher als die gesamte Staatsverschuldung Belgiens, die 130 Prozent des belgischen Bruttoinlandsprodukts betrug. Und die Fläche um den Kaiserpalast in Tokio erreichte 1989 die gleiche Bewertung wie ganz Kalifornien.
Wie ich Ihnen hier vorige Woche berichtet habe, übertrifft laut US-Analyst David Rosenberg die Marktkapitalisierung der vier US-amerikanischen Börsenlieblinge Amazon, Apple, Google und Microsoft die Marktkapitalisierung der gesamten Japanischen Börse.
Die Zeiten und Namen ändern sich, der Kern des Geschehens bleibt gleicht. Sowohl die japanischen Aktienkurse als auch die japanischen Immobilienpreise befinden sich immer noch rund 50% unter ihrem damals erreichten Hoch.
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