Ein Jahr nach der Einigung der schwarz-roten Koalition auf ein milliardenschweres Konjunkturpaket hat der Handelsverband Deutschland (HDE) eine kritische Bilanz gezogen.
Bei den Hilfen im zweiten Lockdown ab Dezember sei "Vieles nicht rund" gelaufen, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth dem "Handelsblatt" (Freitagausgabe). So bekämen größere Handelsunternehmen bis heute aufgrund von Deckelungsregelungen auf Bundes- und EU-Ebene "keine ausreichenden Wirtschaftshilfen".
Inhabergeführte Betriebe hätten zudem nach wie vor keine Möglichkeit zur Auszahlung eines Unternehmerlohns.
Genth kritisierte auch eine Ungleichbehandlung bei den November- und Dezemberhilfen. Die Handelsunternehmen erhielten hier nichts, während die Gastronomie große Teile ihres Umsatzausfalles ersetzt bekomme. "Da sind an einigen Stellen unverständliche Ungleichbehandlungen geschehen, die jetzt in der Folge sicher in vielen Fällen juristisch aufgearbeitet werden."
Der HDE-Hauptgeschäftsführer wies auf die gravierenden Folgen für die Branche hin. "Insgesamt könnte die Coronakrise bis zu 120.000 Geschäften die Existenz kosten."
Genth warnte zugleich die Politik, angesichts der Öffnungsschritte die Probleme des Einzelhandels nun einfach abzuhaken. "Die Krise wird noch lange Zeit nachwirken." Beispielsweise hätten viele Händler ihr Eigenkapital und ihre finanziellen Reserven in der Pandemie aufgebraucht und könnten nun unverschuldet nicht mehr in die Zukunft investieren.
"Da braucht es einen Digitalisierungsfonds, der mit 100 Millionen Euro dafür sorgt, dass die von der Krise gebeutelten Händler nicht den Anschluss verlieren", sagte Genth. Außerdem müsse sich die Politik "intensiv" um die Innenstädte kümmern. "Hier braucht es einen Innenstadtfonds in Höhe von 500 Millionen Euro, um das Gesamtkunstwerk der lebendigen Stadtzentren zu erhalten."
Foto: Corona-Hinweisschild im Einzelhandel, über dts Nachrichtenagentur