Auf Angebote mit grünem, billigen Strom fielen Hunderttausende Kunden rein. Doch nun sind viele Anbieter pleite bzw. schalten ab. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, Massenklagen drohen - wohl ohne Erfolg.
Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf überprüft in ihren Vorermittlungen gegen die Energiediscounter Stromio, Grünwelt und Gas.de auch, ob diese Unternehmen Ende 2021 Gas- und Stromkontingente im Großhandel zu Höchstpreisen verkauft haben – ehe sie die Belieferung ihrer Kunden mit viel günstigeren Verträgen aufkündigten. Wie ein Behördensprecher dem Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL mitteilte, untersucht die Staatsanwaltschaft entsprechende Verdachtsmomente gegen "einen Energieversorger aus dem hiesigen Zuständigkeitsbereich". Nach SPIEGEL-Informationen handelt es sich dabei um die Unternehmen aus dem Energieimperium des Düsseldorfer Geschäftsmanns Ömer Varol.
"Es geht um den Verkauf von Restenergiemengen, die möglicherweise an den Großhandel und nicht an Kunden verkauft wurden", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft dem SPIEGEL. Man prüfe, "ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten vorliegen".
Stromio, Grünwelt und Gas.de hatten im Dezember 2021 Hunderttausenden Verbrauchern in Deutschland einseitig die Belieferung mit Strom und Gas aufgekündigt – und sie gegen deren Willen in die oft viel teurere Grundversorgung überstellt. Varols Unternehmen begründeten den Massen-Rauswurf stets mit einer "nie dagewesenen Preisexplosion an den europäischen Energiehandelsplätzen", die nicht vorauszusehen gewesen sei.
Auf die Frage, ob zur Belieferung der Endkunden vorhandene oder abrufbare Gas- und Stromkontingente im Großhandel zu Höchstpreisen verkauft wurden, antworteten Varols Medienanwälte nun, dass "Kundenverträge nicht gekündigt" worden seien, "um Strom oder Gas anderweitig und gewinnbringender verkaufen zu können."
Sammelklage gegen Billigstromanbieter
Das Berliner Legal-Tech-Unternehmen Veneko will mit einer Sammelklage Schadensersatz von den Pleite-Energiediscountern verlangen. Das sagte Veneko-Geschäftsführer Tobias Hirt dem Handelsblatt. Es ist die erste öffentlich bekannte Sammelklage gegen die Kaarster Anbieter von Gas und Strom (u.a. Grünstrom).
Die Sammelklage organisiert Hirt mit Matthias Moeschler. Auf dessen Blog „Verbraucherhilfe Stromanbieter“ haben sich 4.400 Ex-Kunden gemeldet, die an einer Schadensersatz-Klage interessiert sind. Mit einer großen Masse an Forderungen habe Veneko „eine bessere Verhandlungsposition“, so Veneko-Geschäftsführer Hirt. Für die Sammelklage fallen vorab keine Gebühren an. Veneko behält jedoch eine Erfolgsprämie von einem Drittel ein, wenn die Ansprüche durchgesetzt werden.