Der Vize-Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank Karl von Rohr hält in diesem Jahr zweistellige Inflationsraten für möglich. "Unsere Prognose ist, dass wir im Laufe des Jahres bei einer Inflationsrate von 7 bis 8 Prozent liegen werden. Für den Fall, dass die Energieimporte stärker limitiert werden, könnten wir sogar 10 Prozent und mehr sehen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS).
"Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir Inflationsraten bekommen könnten, wie wir sie seit den Siebzigerjahren nicht mehr gesehen haben", so von Rohr. Mit Blick auf die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank sagte von Rohr, dass er baldige Zinserhöhungen für "dringend erforderlich" halte, "damit die Inflationserwartungen sich nicht auf hohem Niveau verfestigen". Die Deutsche Bank warne schon seit Längerem vor höheren Inflationsraten. "Mein Eindruck ist aber, dass die EZB jetzt auch sieht, dass Zinsanhebungen unvermeidlich sind", sagte er.
Am Donnerstag hatte die Europäische Zentralbank beschlossen, den Leitzins von null Prozent trotz anhaltend hoher Inflationsraten beizubehalten. Zugleich müssen Banken weiterhin Strafzinsen zahlen, wenn sie überschüssiges Geld bei der Notenbank horten. Dieser sogenannte Einlagesatz bleibt bei minus 0,5 Prozent. Gleichzeitig stellte von Rohr ein Ende der Strafzinsen für Sparer in Aussicht. "Sobald die Notenbank auf Negativzinsen verzichtet, wird es auch für uns keinen Grund mehr geben, im Privatkundengeschäft Verwahrentgelte zu erheben. Das sollte dann ziemlich schnell gehen", sagte er. Als Zeitrahmen gab er "wenige Wochen" an. Weitere Zinserhöhungen seitens der Zentralbank werde man aber nicht sofort an die Kunden weitergegeben, so von Rohr. Sobald die Zinsen in den positiven Bereich steigen, werde man den Markt analysieren, und dann erst sehen, in welchem Umfang man die Zinsen für Sparer anpassen könne.
Foto: Autobahn-Tankstelle im Frühjahr 2022, über dts Nachrichtenagentur