Europa steckt nach Einschätzung des Münchener Ifo-Instituts bei einem Stopp der Ölimporte aus Russland in einer "Zwickmühle". Einerseits würde mehr Zeit der EU die Möglichkeit geben, sich besser vorzubereiten, andererseits sollte ein Ölembargo auch nicht ewig aufgeschoben werden, sagte Ifo-Forscherin Karen Pittel am Freitag. "Denn mehr Zeit würde es Russland erlauben, andere Abnehmer zu finden, während die Einnahmen aus der EU weiter fließen."
Außerdem würden die Anreize in den EU-Staaten verringert, sich auf einen Stopp der russischen Energieversorgung vorzubereiten. "Bei Öl gehen wir davon aus, dass ein Rückgang der russischen Lieferungen durch andere Quellen ausgeglichen werden kann. Aber dies für Kohle und Öl gleichzeitig zu ermöglichen, während Engpässe bei russischem Gas drohen, ist eine Herausforderung." Ein Kohle-Embargo wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte die EU bereits für den Sommer beschlossen. Allerdings könnte ein Öl- oder Gasembargo Russland wesentlich härter treffen als das Kohle-Embargo. Die Auswirkungen auf die Kohle- und Ölpreise würden davon abhängen, ob das weltweite Angebot aufgrund eines Embargos verringert werde. Wenn es Russland gelinge, sein Öl und seine Kohle relativ schnell anderweitig zu verkaufen, werde der Schock für die Märkte wesentlich geringer ausfallen.
In diesem Fall würden allerdings auch die Auswirkungen auf Russland zumindest bis zu einem gewissen Grad gedämpft werden. "Grundsätzlich sind hohe Energiepreise in der aktuellen Situation wichtig, da sie Verbrauchern und Unternehmen signalisieren, weniger Energie zu verbrauchen", sagte die Leiterin des Ifo-Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen. "Aber einkommensschwache Haushalte brauchen Unterstützung, um mit den besonders steigenden Energiekosten fertig zu werden." Der Staat sollte denen helfen, die sich nicht selbst helfen könnten, zum Beispiel durch Zahlungen an arme Haushalte. Für Unternehmen könne ein einfacher Zugang zu Krediten dazu beitragen, die Belastung zu verringern und gleichzeitig Anreize zu schaffen, so wenig öffentliche Beihilfen wie möglich in Anspruch zu nehmen. Auch die Kurzarbeit könnte helfen, Störungen auf dem Arbeitsmarkt zu überbrücken.
Foto: Öltanks, über dts Nachrichtenagentur