Zur „Weltklimarettung“ sollen die fossilen Brennstoffe durch elektrische Wärmepumpen zum Heizen ersetzt werden. Die hohen Gaspreise könnten diese Umstellung beschleunigen. Doch woher soll der Strom kommen?
von Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel
Die Gaspreise in Europa haben sich laut Statista seit Mitte des letzten Jahres verzehnfacht. Der größte Anstieg beruht auf dem Gasembargo der EU-Staaten gegen Russland. Mit dem Embargo wurden langfristige Lieferverträge für preiswertes Gas aus Russland gebrochen und in einer Zeit weltweit steigender Erdgasnachfrage auf den größten Gaslieferanten verzichtet. In der EU führt diese Politik zu einem akuten Gasmangel und zu extrem hohen Gaspreisen. Deutschland wird davon besonders hart betroffen, weil über 50 Prozent der Haushalte mit Gas heizen und die Industrie im großen Maß ihre Produktion auf Energie aus Erdgas umgestellt hat. Doch der Verzicht von Gas aus Russland soll bleiben. Wirtschaftsminister Habeck plant stattdessen die Rationierung von Gas im nächsten Winter für Haushalte und Industrie. Frieren in den Wohnungen und Schließen von Fabriken wird die Folge sein.
Die Gaspreise werden noch erhöht durch die Gasabgabe von 2,4 Cent/Kilowattstunde. Das sind weitere 20 Prozent auf den Gasimportpreis in Europa. Mit dieser Abgabe sollen die Gasimporteure entschädigt werden, die nun kein preiswertes Gas aus Russland importieren dürfen und daher zu den hohen Weltmarktpreisen einkaufen müssen, um ihre gleichfalls langjährigen Lieferverpflichtungen an die lokalen Energieversorger, vorwiegend Stadtwerke, erfüllen zu können. Ohne diese Entschädigungen müssten die Gasimporteure Insolvenz anmelden, denn die Verluste können nicht aufgefangen werden. So meldet der größte Gasimporteur Uniper zurzeit Verluste von 100 Millionen Euro pro Tag. Dazu kommen Abschreibungen in Milliardenhöhe für die Beteiligung an der Gasleitung North Stream 2, deren Inbetriebnahme von der deutschen Regierung und von der EU abgelehnt wird.
Verfolgt man die Berichte in den Medien über die Gasimporte von Russland nach Deutschland, erhält man den Eindruck, Russland sei Schuld an dem Gasmangel. Das ist nicht richtig. Die EU-Länder haben mit ihrer Embargo-Politik die langfristigen Abnahmeverträge nicht mehr erfüllt. Sie fordern aber noch Teilmengen, bis eine sichere Versorgung ohne russisches Gas erreicht ist.
Deutschland verteuert darüber hinaus Erdgas noch zusätzlich. Neben der Gasabgabe wird die CO2-Steuer auf fossile Brennstoffe erhoben und sogar im kommenden Jahr um mehr als 15 Prozent auf 35 Euro pro Tonne CO2 erhöht. Dadurch wird Gas um weitere 1 Cent/Kilowattstunde (ct/kWh) teurer. Hinzu kommt dann noch die Mehrwertsteuer.
Doch was will die Bundesregierung mit Habeck als verantwortlichen Energieminister damit erreichen? Soll mit solchen Maßnahmen die Energiewende vorangetrieben werden? Vieles spricht dafür. Steigende CO2-Zertifikatekosten im Verein mit teurer gewordener Kohle haben die Kosten für Kohlestrom vervielfacht. Immer häufiger liegen sie über der EEG-Vergütung für Wind- und Solarstrom. Die Fakepower-Erzeuger (Fakepower = Wind- und Solarstrom ist nicht plan- und regelbar. Er ist zweitklassiger Strom, der kein stabiles Stromnetz bilden kann) erhalten so noch einen weiteren Gewinn zu den schon hohen und garantierten EEG-Vergütungen. Ein Abschöpfen dieser zusätzlichen Gewinne wird aber nicht diskutiert. (Zur Erläuterung: Die EEG-Umlage wurde inzwischen gestrichen, nicht aber die EEG-Vergütungen. Sie werden nun aus dem Steueraufkommen bezahlt.)
Die grünen Klimaretter hofften, mit der Verteuerung der CO2-Emissionen den Strom der Kohlekraftwerke teurer zu machen als Fakepower. So sollten die Kohlekraftwerke abgeschafft werden. Doch das ist technisch nicht möglich, denn bei Dunkelflaute gibt es weder Solar- noch Windstrom. Allein die Betreiber der Fakepower-Anlagen profitieren von dieser Entwicklung und fordern die zügige Verdreifachung der Anlagen nach den Plänen von Minister Habeck.
Wird eine vergleichbare Politik zum Heizen verfolgt? Nach Ansicht der grünen Klimaschützer müssen die Gasheizungen durch elektrisch angetriebene Wärmepumpen ersetzt werden, weil dann kein CO2 emittiert wird. Wieviel CO2 bei der Stromerzeugung anfällt, wird jedoch nicht hinterfragt. Bisher ist das Heizen mit Gas deutlich preiswerter als der Einsatz von Wärmepumpen. Doch bei den horrenden Gaspreisen könnte sich eine Umstellung auf Wärmepumpe rechnen. Mit dem Verzicht auf russisches Gas, mit der CO2-Steuer auf fossile Brennstoffe und mit der Gasumlage treibt Deutschland die Gaskosten über das Weltmarktniveau in die Höhe. Ist dies Absicht, um so eine Umstellung auf Wärmepumpen voranzutreiben?
Eine solche Politik wird von der Denkfabrik Agora Energiewende gestützt. Die über 80 Beschäftigten der Gruppe haben sich nach eigener Darstellung den Klima- und Energiezielen verschrieben, die von der europäischen und deutschen Politik beschlossen wurden. Sie sind nicht nur die maßgebenden Berater der Bundesregierung, sondern auch aktiv in der Gesetzgebung. So ist der langjährige Geschäftsführer von Agora Energiewende, Dr. Patrik Graichen, von Wirtschaftsminister Habeck als beamteter Staatsekretär eingesetzt worden. Diese Stellung hatte früher Rainer Baake, der maßgeblich die Stilllegung der deutschen Kernkraftwerke vorangetrieben hat und heute die Fäden bei Agora zieht. Finanziert wird Agora von USA-Stiftungen und auch von dem Wirtschaftsministerium. Es lohnt sich, im Internet weiter über diese Denkfabrik zu recherchieren.
Ab dem Jahr 2024 dürfen nach beschlossenem Gesetz nur noch neue Heizungen installiert werden, die mindestens 65 Prozent „erneuerbare“ Energien einsetzen. Dazu zählen Wärmepumpen auch dann, wenn der Strom mit fossilen Brennstoffen erzeugt wird.
Die Heizung mit Wärmepumpen kann auf den ersten Blick wirtschaftlich sein. Angegeben wird ein Wirkungsgrad von drei. Das heißt, mit einer Kilowattstunde Strom können drei Kilowattstunden Wärme erzeugt werden. Bei einem Strompreis von 40 ct/kWh und einem Gaspreis von 20 ct/kWh würde man mit Strom preiswerter heizen. Doch das ist ein Trugschluss. Der Wirkungsgrad fällt mit sinkender Außentemperatur, also in der Heizperiode, deutlich. Erreicht der Wirkungsgrad zwei, gibt es keinen Kostenvorteil mehr. Mit sinkendem Wirkungsgrad geht auch die Heizleistung zurück. Dann muss eine elektrische Zusatzheizung einspringen. Vom preiswerten Heizen mit einer Wärmepumpe kann keine Rede sein.
Ungeklärt ist auch, woher der Strom für die Wärmepumpen kommen soll. Die gesicherte Erzeugerleistung nähert sich bereits jetzt dem Bedarf und soll weiter abgebaut werden. Dann gibt es nur noch Strom, wenn der Wind weht und die Sonne scheint. Bei nebligem Winterwetter ist frieren angesagt. Hier wird einfach vorausgesetzt, dass immer genügend „erneuerbarer“ Strom zur Verfügung steht. Das ist bei Weitem nicht der Fall. Für die Umrüstung von 10 Millionen Haushalten auf Wärmepumpen zum Heizen werden 50 zusätzliche Großkraftwerke gebraucht. Es ist eine Utopie, diese Energiemengen könnten mit Windgeneratoren und Photovoltaik bereitgestellt werden. Die gesetzlichen Forderungen sind nicht durchgerechnet worden. Die Physik akzeptiert aber Wunschvorstellungen nicht.
Es wird Zeit, die Energiepolitik wieder in die Realität zurückzuführen. Fachleute müssen die Führung und Verantwortung übernehmen. Nach den öffentlichen Äußerungen von Minister Habeck und seinem Staatsekretär Graichen muss man an deren Sachkompetenz für eine sichere und bezahlbare Energieversorgung ernste Zweifel anmelden.