Alter Witz im Internet: "Was ist der Unterschied zwischen der Titanic und Deutschland? - Auf der Titanic brannte beim Untergang noch Licht!". In Deutschland wird man darüber bald nicht mehr lachen.
von Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel
Seit mehr als 20 Jahren wird versucht, Wind und Solarstrom zum Durchbruch zu verhelfen. Dafür wurden Jahr für Jahr rund 50 Milliarden Euro aufgewendet. Die Hälfte davon musste der Stromkunde als Umlage nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) direkt bezahlen. Die andere Hälfte waren Zuschüsse, Steuerbegünstigungen, Aufträge für einschlägige Forschungseinrichtungen und Aufblähungen der Verwaltungen in Bund, Ländern und Kommunen, um die „Energiewende“ und den „Klimaschutz“ durchzusetzen.
Das Ergebnis dieser politischen Bemühungen ist niederschmetternd. Es geht nicht. Den vom Wetter gesteuerten Wind- und Solarstrom kann man nicht planen und regeln. Mit diesem zweitklassigen Strom kann kein stabiles Versorgungsnetz aufgebaut werden, das jederzeit die geforderte Leistung bereitstellt. Das wird aber von den Energiewende-Politikern behauptet. Der Stromverbraucherschutz NAEB bezeichnet daher diesen Strom zu Recht als FAKEPOWER (Fake=Täuschung).
80 Prozent Fakepower ist Utopie
Ohne Subventionierung und gesetzliche Vorschriften würde kein Netzbetreiber Fakepower in sein Netz einspeisen. Der Strom ist teurer als Kraftwerkstrom. Kraftwerke müssen darüber hinaus die Fakepower-Schwankungen ausgleichen und die Netzleistung auf den Bedarf regeln. Die Regelenergie-Kosten sind in den letzten 20 Jahren von 100 auf 1.500 Millionen Euro im Jahr angestiegen. Erhebliche nicht präzise quantifizierbare im direkten Zusammenhang mit Fakepower –Erzeugung stehende Kosten liegen latent an diversen Positionen des Netzbetriebes.
Ohne Kraftwerke ist eine sichere Stromversorgung nicht möglich. Mit ihrem inhärenten Momentanregelenergie-Anteil aus den rotierenden Massen halten sie das Netz unentgeltlich (diese Regelenergie wird nicht vergütet) stabil auf einer Frequenz von 50 Hertz (Schwingungen/Sekunde). Damit das zuverlässig gewährleistet ist, muss dieser Anteil an der Stromerzeugungsleistung mindestens 40 Prozent sein. Deutlich niedrigere Anteile auch nur in Teilbereichen einer Regelzone führen zu einem nicht vertretbaren Blackout-Risiko, das man allerdings durch Batteriespeicher zu minimieren versucht.
Es bedarf dazu jedoch sogenannter Hybrid-Speicher (Lithium-Ionen kombiniert mit Natrium-Schwefel, z.B. an der A29, Abfahrt Varel), die nicht nur die Momentanregelenergie liefern sondern auch die sogenannte Primärregelleistung. Allerdings läuft man da auch sofort in das Reichweiten-Problem des Elektrofahrzeugs. Ein Netz mit 80 Prozent Fakepower ist jedenfalls absolute technische Utopie, von den Batteriekosten ganz zu schweigen.
Zusätzlich besteht das Problem "Dunkelflaute", was bedeutet, dass weder Voltaik- noch Windstrom verfügbar ist. Als Ausweg aus diesem Dilemma hat Deutschland für seine Stromerzeugung eine doppelte Kapazität aufgebaut. Zu den Kraftwerken, die uns über Jahrzehnte verlässlich und preiswert mit Strom versorgt haben, wurden Wind-, Solar- und Biogasanlagen gebaut, deren installierte Kapazität inzwischen deutlich die der konventionellen Kraftwerke übersteigt. Gleiches gilt auch für die bebaute Fläche. Die Schwankungsbreite der volatilen Leistung der Leistungsbreite in Abhängigkeit von solarer Strahlung und Windstärke ist 0 – 100%. Bei Kraftwerken kann man dagegen die benötigte Leistung jederzeit bis zur installierten Leistung nach Bedarf abrufen. Sie müssen die gesamte Stromversorgung bei Dunkelflaute übernehmen. Fakepower kann also kein Kraftwerk ersetzen.
Kosten der Energiewende
Die Kosten der Energiewende lassen sich nur schätzen, weil verschiedene Bundesministerien, Länder und Kommunen nicht koordinierte finanzielle Hilfen geleistet und neue Verwaltungen aufgebaut haben. Die staatlichen Aufwendungen zum Durchsetzen der Energiewende dürften inzwischen eine Billion Euro erreicht haben. Der Bundesrechnungshof hat mehrfach gefordert, die Beihilfen zwischen den verschiedenen Verwaltungen zu koordinieren und eine Erfolgskontrolle durchzuführen. Beides ist bis heute nicht geschehen.
Stattdessen sollen die Wind- und Solaranlagen schneller gebaut und verdreifacht werden, um den Strom in Deutschland ohne den Import von fossilen Brennstoffen zu erzeugen. Das ist jedoch wie dargestellt technisch nicht möglich. Die inzwischen propagierte und von der Politik als machbar angesehene Zwischenspeicherung über Wasserstoff hat einen völlig unzulänglichen Wirkungsgrad und scheitert ausserdem an dem rein statistischen Problem der Länge der Dunkelflaute – siehe Jahrhunderthochwasser im Ahrtal.
Frieren für die Energiewende?
Der Bau weiterer Wind- und Solaranlagen trägt nicht zu einer sicheren Energieversorgung bei. Er schluckt aber viel Energie. Für die Errichtung einer 3 Megawatt (MW) Windkraftanlage werden etwa 6 Millionen Kilowattstunden (kWh) Primärenergie gebraucht, vorwiegend als fossile Brennstoffe. Das sind 700 Tonnen Kohle oder 600 Tonnen Erdöl oder 600.000 Kubikmeter Erdgas. Damit ließen sich 300 Wohnungen für ein Jahr heizen und mit Warmwasser versorgen. Jedes Jahr müssten 5.000 (fünftausend!) solcher Anlagen errichtet werden, um bis 2030 das Ausbauziel zu erreichen. Dafür wird die Heizungsenergie von 1,5 Millionen Wohnungen gebraucht. Menschen in diesen Wohnungen müssten also frieren für eine Energiewende entgegen technischer Grenzen und aller wirtschaftlichen Vernunft.
Energie – Schlüssel zum Wohlstand
Energie ist der Schlüssel zu Wohlstand und Sicherheit. Sie ist Grundlage für unser modernes Leben mit Zentralheizungen, Licht und Wasser, mit weltweiter Kommunikation, Reisen per Auto, Bahn oder Flugzeug und vielem mehr. Die Industrie braucht viel verlässliche Energie. Ohne Energie läuft keine Produktion. Dann werden auch wir arbeitslos. Wir können keine Maschinen mehr antreiben und somit keine Lastkraftwagen, Schiffe und Flugzeuge bauen, von Maschinen ganz zu schweigen und natürlich die Fahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge dann auch nicht antreiben.
Diese Binsenwahrheit scheint bei der deutschen Regierung nicht angekommen zu sein. Sonst hätten sie nicht freiwillig auf den Bezug von russischem Gas, Öl und Kohle verzichtet. Deutschland wird auf diese Weise verarmen und Russland verkauft seine Energie-Rohstoffe woanders hin, noch dazu zu einem besseren Preis. Egal wie diese Energiekrise ausgeht, ist bereits jetzt abzusehen, dass Deutschland in Zukunft selbst bei Wiederaufnahme des Bezuges aus Russland zu viel höheren Kosten seine Energie beziehen wird. Was ist nun zu tun?
Die Energiewende ist gescheitert
Deutschland muss einsehen und sich dazu bekennen, dass die Energiewende gescheitert ist, und sogar noch weiter gehen und zugestehen, dass dieses Experiment an sich schon unsinnig ist/war, was rein physikalisch theoretisch klar war und jetzt durch die Verdreifachung der volkswirtschaftlichen Strom-Kosten binnen 20 Jahren Experimentierzeit mit weiter stark steigendem Trend seinen empirischen Beweis erfahren hat.
Wir können auf die fossilen und nuklearen Brennstoffe nicht verzichten und die Verwendung von Fakepower hat keinen volkswirtschaftlichen Nutzen sondern sie verursacht den oben genannten Schaden.
Zur Zurückgewinnung einer hinreichenden Energie-Autonomie sind alle heimischen Energieträger zu reaktivieren (Steinkohle) bzw. auszubauen (Braunkohle). Die noch im Betrieb befindlichen Kernkraftwerke müssen über den willkürlich gesetzten Endtermin Ende 2022 hinaus weiter genutzt werden. Der Verzicht auf die Nutzung des russischen Gases wird unumgänglich sein.
Der Fakepower-Ausbau ist unverzüglich zu stoppen, ebenso die CO2-Besteuerungen der fossilen Verbrennungsprozesse (Strom-Erzeugen, Klimatisieren, Transport/Mobilität). Es ist ein Ausstiegskonzept für die auf 20 Jahre festgesetzten Fakepower-Betriebszeiten zu entwickeln, denn das Beharren auf der nicht möglichen Energiewende kostet unvertretbar viel Geld, vertreibt die Industrie und reduziert drastisch unseren Lebensstandard.
Frieren oder gar erfrieren für die Energiewende als Folge von Stromdefizit bei niedrigen Temperaturen im Winter für die Wärmepumpen, die nach dem Verbot von Gas-, Öl- und Kohleheizungen (Wärmewende) diese ersetzen sollen, ist keine Option.
Wirtschaftsminister Habeck hat das offensichtlich teilweise erkannt. Die Einsicht für das ungleich größere Gefahrenpotential der Wärmewende (Dunkelheit macht nicht blind, aber Kälte tötet) im Vergleich zur Stromwende muss noch heranreifen.
Seine Erkenntnis ist für uns lebenswichtig; wird er sich gegebenenfalls der Realität stellen?