Die Bundesbank musste im letzten Jahr im Umfang von einer Milliarde Euro auf ihre Risikovorsorge zurückgreifen, um keinen Verlust auszuweisen. Das teilte die Bundesbank am Mittwoch bei Vorstellung ihrer Jahresbilanz mit. Das Ergebnis der Gewinn- und Verlustrechnung für 2022 werde daher mit null ausgewiesen, hieß es, daher werde wie schon in den Vorjahren kein Gewinn an den Bundeshaushalt abgeführt.
"Im Jahr 2022 musste die Bundesbank besondere finanzielle Belastungen tragen", begründete Bundesbankpräsident Joachim Nagel den Jahresabschluss. In den kommenden Jahren dürften die Belastungen in der Gewinn- und Verlustrechnung der Bundesbank durch die hohen Wertpapierbestände und die Zinswende sogar noch deutlich zunehmen. "Die Ertragsentwicklung jetzt und in den kommenden Jahren ist letztlich das Ergebnis der außerordentlich expansiven Geldpolitik der vergangenen Jahre. Nun ist eine straffe Geldpolitik erforderlich, um Preisstabilität zeitnah wiederherzustellen", erklärte Nagel.
"Wenn damit bilanzielle Belastungen verbunden sind, müssen wir das und können wir das verkraften. Die Belastungen werden vorübergehen, anschließend werden wir wieder Gewinne erzielen", sagte er. Die Bilanz der Bundesbank bezeichnete er trotz allem als "solide". 2022 werde in die deutsche Wirtschaftsgeschichte als das Jahr mit einer der höchsten Inflationsraten seit Bestehen der Bundesrepublik eingehen, sagte Nagel. Er betonte, dass sich der Preisauftrieb schon vor dem russischen Angriff auf die Ukraine verstärkt habe; mit dem Krieg und seinen Folgewirkungen sei die Inflation dann erheblich angezogen. Und nach wie vor sei der zugrundeliegende Preisdruck sehr hoch, im Euroraum wie in Deutschland. "Daher braucht es eine Geldpolitik, die entschlossen handelt und die notwendigen Schritte unternimmt, um Preisstabilität wiederherzustellen", so Nagel, wobei er auf die bisherigen Zinsschritte verwies.
Seit Juli 2022 hat der EZB-Rat die Leitzinsen um insgesamt 3 Prozentpunkte angehoben, für März hat er eine weitere Anhebung um 0,5 Prozentpunkte in Aussicht gestellt. "Auch danach könnten noch weitere deutliche Zinsschritte notwendig sein", sagte der Bundesbankpräsident. "Die Zinswende hat Vieles in Bewegung gebracht", sagte Joachim Wuermeling, Mitglied im Vorstand der Deutschen Bundesbank und zuständig für Rechnungswesen und Controlling. Bei der Bundesbank schlügen sich die Leitzinserhöhungen auf beiden Seiten der Bilanz nieder: Sie führten in dem komplexen Gebilde von Verflechtungen einer Zentralbank zu einer grundlegenden Veränderung bei vielen Komponenten. "Unsere Gewinn- und Verlustrechnung 2022 ist Ausdruck dieser Komplexität", sagte Wuermeling.
Der Nettozinsertrag, die wichtigste Position der Gewinn- und Verlustrechnung, erhöhte sich im vergangenen Jahr zwar von 2,5 Milliarden Euro auf 4 Milliarden Euro. Das Nettoergebnis aus Finanzgeschäften werde jedoch durch die gestiegenen US-Renditen belastet. Bei den Fremdwährungswertpapieren ergaben sich Abschreibungen aus Bewertungsverlusten von 0,9 Milliarden Euro und realisierte Verluste von 0,8 Milliarden Euro. Darüber hinaus führte der Anstieg der Leitzinsen im Euroraum zu weiteren Belastungen, weil die Bundesbank höhere Zinsen auf die Einlagen zahlte, die Geschäftsbanken bei ihr hielten. Gleichzeitig blieben die Erträge aus den weiterhin sehr umfangreichen Anleiheportfolios relativ stabil. "Auf die mit den umfangreichen Wertpapierankäufen verbundenen finanziellen Risiken hat die Bundesbank immer wieder hingewiesen", sagte Nagel.
Die Bilanzsumme der Bundesbank sank im Jahr 2022 um 108 Milliarden Euro beziehungsweise 4 Prozent auf 2,9 Billionen Euro. Wesentlicher Grund für den Rückgang auf der Aktivseite war die Abnahme der Refinanzierungsgeschäfte um 184 Milliarden Euro (auf 238 Milliarden Euro). Vor allem die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (GLRG III) wurden vorzeitig zurückgezahlt.
Dagegen wuchs aufgrund der Anleihekäufe in geldpolitischen Ankaufprogrammen der entsprechende Bestand an Euro-Wertpapieren im ersten Halbjahr um 45 Milliarden Euro (auf 1,07 Billionen Euro). Auf der Passivseite kam es zu einem deutlichen Rückgang der Einlagen der öffentlichen Haushalte und ausländischer Zentralbanken, sodass sich die Euro-Guthaben der in- und ausländischen Einleger um 198 Milliarden Euro auf 533 Milliarden Euro verringerten. Dagegen wuchsen die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten aus geldpolitischen Operationen um 62 Milliarden Euro auf 1,20 Billionen Euro, so die Bundesbank.
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