Hohe Zinsen und die Geldverknappung durch die US-Notenbank FED könnten eine neue Bankenkrise auslösen, die schlimmer ist als 2008. Die Silicon Valley Bank war der erste Dominiostein. Nächste Kandidaten: First Republic Bank, Crédit Suisse?
von Andreas Hoose
Nachdem die Schweizer Großbank Crédit Suisse immer stärker unter Druck gerät und sich auch die Crash-Signale bei den Aktien einiger mRNA-Impfstoff-Hersteller, wie Pfizer (PFE) und BioNTech (BNTX), weiter verfestigen, kam in dieser Woche unversehens noch ein ganz anderer „Schwarzer Schwan“ um die Ecke gesegelt:
Die Aktie der US-amerikanischen SVB Financial Group (SIVB), oder Silicon Valley Bank, hatte allein am Donnerstag mal eben 60 Prozent an Wert verloren. Am Freitag rauschte der Titel vorbörslich noch einmal fast 70 Prozent in den Keller. Der Börsenwert ist damit binnen kürzester Zeit von rund 60 Milliarden US-Dollar auf 6,3 Milliarden kollabiert. Den crashartigen Kursverlauf sehen Sie hier:
Zum Hintergrund: Der bevorzugte Bankpartner vieler Venture- und Startup-Unternehmen aus dem Silicon Valley hatte einen Verlust von 1,8 Milliarden US-Dollar bekannt gegeben. Gleichzeitig muss der gesamte Bestand an kurzfristigen Wertpapieren aufgelöst werden. Hinzu kommt eine Kapitalerhöhung von stattlichen 2,25 Milliarden US-Dollar. Starker Tobak also, der flankiert wurde von den üblichen Beruhigungspillen:
In einem Brief an die Investoren versicherte CEO Greg Becker, dass die Bank über „reichlich Liquidität“ verfüge. Man habe die Maßnahmen ergriffen, weil man weiterhin hohe Zinssätze, unter Druck stehende öffentliche und private Märkte und einen erhöhten Bargeldverbrauch der Kunden erwarte, weil diese in ihre eigenen Unternehmen investierten.
Wie „The Information“ am Donnerstagnachmittag weiter berichtete, sagte Becker den Anlegern in einer Telefonkonferenz: „Ich möchte alle bitten, ruhig zu bleiben und uns zu unterstützen, so wie wir Sie in den schwierigen Zeiten unterstützt haben.“
Das klingt schon nach einer gewaltigen Feuersbrunst, die da jetzt ganz plötzlich entfacht wurde.
Übrigens werden Sie am Montag vergeblich auf eine Notierung der Bank warten. Wie am Freitag durchsickerte, haben die kalifornischen Aufsichtsbehörden die Silicon Valley Bank bereits geschlossen. Die „Federal Deposit Insurance Corporation“ (FDIC) wurde zum Konkursverwalter ernannt, so die Erklärung der Behörde.
Doch dieser überraschend zügig ablaufende Bankrott ist nicht das einzige Problem:
Erst am Tag zuvor hatte die ebenfalls in den USA ansässige Silvergate Capital (SI) ihre Liquidation und Schließung angekündigt. In den vergangenen Monaten war der Konzern zu einem der größten Bankpartner der Kryptoindustrie aufgestiegen. Doch aktuell brechen massive Abflüsse von Kundengeldern dem Unternehmen das Genick. Hier der wenig erbauliche Verlauf des Aktienkurses:
Den unrühmlichen Reigen voll macht die Schweizer Großbank Crédit Suisse (CS), deren Aktienkurs von der Öffentlichkeit kaum beachtet von einem Tief zum nächsten taumelt. Beim Blick auf den folgenden Kursverlauf kann man erahnen, dass auch dort hinter den Kulissen der Teufel los sein muss:
Damit hat Fed-Chef Jerome Powell jetzt „ganz plötzlich“ ein gravierendes Problem am Hals, und zwar die Stabilität des Finanzsystems…
Denn wie informierte Beobachter wissen, ist es von crashartigen Verlusten im Bankensektor nicht allzu weit bis hin zu einem Dominoeffekt, der weitere Finanzhäuser infizieren könnte. Sobald die Menschen anfangen, „vorsichtshalber“ ihre Einlagen bei den Kreditinstituten abzuziehen, könnte dieser Teufelskreis in Gang kommen…
Aber Moment mal:
Wenn man an dieser Stelle der Tatsache ins Auge blickt, dass die US-Regierung in Wahrheit Inflation dringend benötigt, um auf Kosten ihrer ahnungslosen Bürger den gigantischen Schuldenberg abzutragen, den sie vor sich herschiebt, dann könnte man glatt auf die Idee kommen, dass der Fed, wie auch der US-Regierung, die jüngsten Turbulenzen im Finanzsektor ganz gelegen kommen:
Sie würden die perfekte „Entschuldigung“ dafür liefern, um das Ende der restriktiven Zinspolitik einzuleiten – und anschließend die nächste Geldflut zur „Rettung“ der Märkte zu verkünden…
Denn wer wollte es der Fed ernsthaft zum Vorwurf machen, wenn sie die Geldschleusen wieder aufreißt, weil angeblich die Stabilität des Finanzsystems bedroht ist?
Den Goldpreis würde eine solche Entwicklung erwartungsgemäß gewaltig befeuern, denn sollten die Zinsen im Zuge weiterer Turbulenzen im Bankensektor wieder notfallartig gesenkt werden, würde dies das Edelmetall ziemlich sicher über die prominente Marke von 2.000 US-Dollar je Feinunze katapultieren…
Da damit derzeit kaum jemand rechnet, wäre eine Kaufpanik die zu erwartende Folge, wenn diese wichtige Hürde nach vier Fehlversuchenendlich überwunden wird…
Update: Die Tinte ist noch nicht getrocknet, da kommt schon die nächste US-Bank ins Trudeln: Diesmal erwischt es mit der First Republic Bank (FRC) ein regionales Kreditinstitut. Auch hier taumelt die Aktie binnen kürzester Zeit um rund 50 Prozent in die Tiefe. Wie die oben erwähnte SVB Financial Group ist auch die First Republic Bank stark im Silicon Valley engagiert. Der Kursverlauf von dieser Woche lässt Schlimmes befürchten. Sehen Sie sich das an:
Übrigens: Historisch betrachtet beginnen Finanzkrisen IMMER bei den kleineren Instituten, die kaum jemand kennt. Die großen Häuser sind später an der Reihe.