Ifo-Präsident Clemens Fuest sieht Anzeichen für eine Deindustrialisierung: „Wir beobachten einen Abbau“. Deutschland als den „kranken Mann Europas“ zu beschreiben, sei zwar „derzeit überzogen“. Aber das Land habe ernste Probleme.
Die befürchtete Deindustrialisierung in Deutschland ist nach Ansicht des Ökonomen Clemens Fuest bereits im Gange. „Wir beobachten in einer Reihe von Industrien, darunter mit Chemie und Auto in zwei Schlüsselbranchen, einen Abbau“, sagt der Chef des Münchner Ifo-Instituts in einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT.
Die Automobilindustrie schrumpfe bereits seit mehreren Jahren, „ihre Produktion entspricht heute nur noch etwa zwei Dritteln des Niveaus von 2018“, so Fuest. Deutschland als den „kranken Mann Europas“ zu beschreiben, sei zwar „derzeit überzogen“. Aber das Land habe ernste Probleme. „Einige wichtige Bedingungen für Investoren haben sich in den letzten zehn Jahren schleichend verschlechtert“, sagt Fuest in der ZEIT. Mehr Bürokratie, hohe Unternehmenssteuern und der in Zukunft noch größere Mangel an Arbeitskräften sprächen gegen Deutschland.
Mit Subventionen ließen sich Standortschwächen nicht ausgleichen, warnt der Ökonom. Er lehnt auch die Strategie ab, als Antwort auf Subventionen in anderen Ländern diese Branchen hierzulande ebenfalls zu fördern: „So wahnsinnig intelligent ist das nicht, weil dann ein sehr teurer Subventionswettlauf entsteht, wie etwa bei der Chipindustrie“. Besser sei es, den eigenen Standort für Investoren allgemein attraktiver zu machen, „also etwa durch weniger Bürokratie, weniger Regulierungen oder bessere steuerliche Bedingungen.“
Anstatt vom kranken Mann zu sprechen, schlug Fuest in der ZEIT ein anderes Bild vor, um die aktuelle Lage zu beschreiben: „Deutschland ist wie ein 40-jähriger Mensch, der lange erfolgreich war, sich jetzt aber beruflich umorientieren muss. Das fällt schwer.“