Die Jusos wollen ein Grunderbe von 60.000 Euro für alle 18-Jährigen im Land beschließen. Bezahlt werden soll dies mit einer Erbschaftssteuer von bis zu 90 %.
von Thoma Gettran
Von alters her haben Wohltaten, für die man nicht leisten muss, die Fantasie der Menschen beflügelt. Vergessen wird dabei oft, dass selbst im biblischen Paradies von Adam und Eva Gartenarbeit hätte geleistet werden müssen. Da war das erdachte Schlaraffenland dann schon besser. Hier war die heutige Idee des bedingungslosen Grundeinkommens offenbar bereits umgesetzt. Der niederländischen Künstler Pieter Bruegel der Ältere (ca.1525-1569) hat sich das sehr plastisch ausgemalt. Die vollgefressenen Nutznießer des Traumlandes schlummern in seinem 1567 entstandenen Gemälde zum Thema geruhsam vor sich hin. Das „Schlaraffenland“ hängt in der Alten Pinakothek in München.
Denkbar, dass sich die Jugendorganisation der SPD (Jusos) dort Anregungen für ihr neues Forderungsprojekt geholt hat. Auf dem nächsten Bundeskongress wollen sie diskutieren, ob jeder, der in deutschen Grenzen seinen 18. Geburtstag feiert dabei 60.000 Euro geschenkt bekommt. Der Vorstand der Jusos nennt das „Grunderbe“. Finanzieren sollen das natürlich die Reichen, bei größeren Erbschaften würden nach dem Juso-Vorschlag 90 Prozent einfach abgeschöpft.
Die stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation, Sarah Mohamed (Jahrgang 1991), begründet das Projekt gegenüber dem Berliner „Tagesspiegel“ simpel: „Die Idee einer Gesellschaft, in der Arbeit die treibende Kraft für Wohlstand ist, verkommt mit dem aktuellen System zur Legende. Ein Grunderbe, mit weiteren Maßnahmen flankiert, kann dabei helfen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.“
Und siehe da, so freut sich die ausgewiesene Kapitalismuskritikerin, damit würde die Ungleichheit stark abgebaut. Dringend nötig: Durch zu geringe Erbschaftssteuern würde ihrer Ansicht nach immer mehr Vermögen in einzelnen Familien verbleiben, erläutert Mohamed der Zeitung. „Viele andere leben von Monat zu Monat und sind schon froh, wenn die Reparatur einer kaputten Waschmaschine sie nicht im nächsten Monat hungern lässt.“
Man weiß gar nicht, wo man bei diesem blühenden Blödsinn mit dem Richtigstellen anfangen soll. Bleiben wir der Einfachheit halber erstmal bei den nackten Zahlen. Die Jusos haben schon mal nachgerechnet, sie kommen auf 45 Milliarden Euro jährliche Umverteilung.
Rechnet man selbst mal nach, kommt es etwas teurer. Jährlich erreichen um die 800.000 Menschen (2022: 800.371) hierzulande das 18. Lebensjahr. Mal 60.000 Euro wären das nach Adam Riese und Eva Zwerg 48 Milliarden Euro. Drei Milliarden Unterschied sind in diesen Kreisen wohl so etwas wie ein Rundungsfehler. Oder vielleicht war gerade die Batterie im Taschenrechner alle und sie haben das auf Papier ausgerechnet.
Andere können allerdings auch nicht besser rechnen. So schreibt zum Beispiel die ZEIT, aber auch einige andere Medien ähnlich: „Die Jusos wollen auf ihrem Bundeskongress Mitte November ein Grunderbe von 60.000 Euro für alle über 18-Jährigen fordern.“ Mal abgesehen davon, dass das schon inhaltlich ziemlicher Blödsinn wäre, denn warum soll ein 85-jähriger noch 60.000 Euro erben? Doch es kommt noch verworrener: Bürger ab 18 gibt es hierzulande leicht über 70 Millionen. Bekäme jeder von ihnen das „Grunderbe“, wären das 4.200 Milliarden Euro, also mehr als ganz Deutschland in einem Jahr erwirtschaftet.
Pull-Faktoren für Flüchtlinge
Lustig auch, dass Frau Mohamed, die mit ihrer Frisur ein wenig an Minnie Maus von Walt Disney erinnert, ausdrücklich alle beglücken will, also auch die, die noch gar nicht Bürger geworden sind. Hier ein erster Wohnsitz soll genügen. Gefragt, ob das nicht viele Flüchtlinge anziehen würde glaubt Mohamed einfach nicht dran: „Ich bin nicht der Meinung, dass das Grunderbe Leute anlocken würde.“ Andere „Pull-Faktoren“ seien da am Werk, auf die man keinen Einfluss habe. Welche verrät sie nicht. Das glaube ich aber für die Sarah mit: oder sagt Ihnen Ihr Gefühl nicht, dass ein Land, dass an Jugendliche 60.000 Euro verschenkt, den einen oder anderen Empfänger aufmerksam werden lassen würde?
Mich ängstigt am Ende auch weniger der Vorschlag als solcher, die Jusos gehörten immer zu den eifrigsten Traumtänzern im Lande. Sondern was auch an dieser Stelle für eine politische „Substanz“ der Zukunft heranwächst. Die Dame, weiblich, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und mit Migrationshintergrund, welch unwiderstehliche Mischung, kam nach eigenen Angaben im Oktober 2011 nach Bonn, um dort Geschichte zu studieren.
Von einem Ende dieser Studien oder einem Abschluss ist nirgends zu lesen, jedenfalls habe ich nicht darüber gefunden. Also könnte man die These vertreten, sie stecke noch im Studium. Jedenfalls bewarb sie sich im Januar 2021 bei der Wahl zum Bonner Studentenparlament. Macht man ja nicht, wenn man im Folgesemester 2021/22 gar nicht mehr da oder fertig sein möchte.
Wenn Sie noch eingeschrieben ist, wäre Sarah nun im 22. Semester. Gar zu schlecht kann die soziale Lage hierzulande ja dann eigentlich auch wieder nicht sein, wenn sich ein angeblich bettelarmes Einwanderungskind so viel Zeit bei seinen Studien lassen kann. Aber wahrscheinlich war sie auch zu sehr mit Kämpfen gegen den Kapitalismus beschäftigt. Denn der Linkenpostille „taz“ verriet sie vor Kurzem auf die Frage „Wen oder was wollen Sie bekämpfen?“
Schlaraffenland: Grundrente zum Geburtstag
Folgendes: „Den Kapitalismus. Es wird oft über multiple Krisen gesprochen, aber meine Überzeugung ist, es geht um eine Krise, die unterschiedliche Facetten hat, den Kapitalismus nämlich. Die Überschrift habe ich gewählt, um deutlich zu machen, dass wir als Jusos mit unseren Bündnispartnern auch den Kampf auf der Straße führen und wieder sichtbarer als aktivistische Jugendorganisation werden müssen.“ In welcher Gesellschaftsform man wohl über ein Jahrzehnt lang studieren kann?
Am Ende noch einmal ein anderer Gedanke. Ich verstehe immer nicht, wie diese Freunde der flotten ökonomischen Ideen sich das geistig zurechtbiegen, dass man einfach nur einem was wegnehmen muss, um alle anderen damit glücklich zu machen. Wer soll denn schuften, wenn er in der Gefahr schwebt, dass Sarah morgen eine neue Idee hat, wie man ihn plündern kann und derweil andere einfach 60.000 Kröten für null Leistung geschenkt bekommen?
Denkbar wäre ja auch eine Kombination aus Grunderbe, Grundstipendium, bedingungslosem Grundeinkommen und erquicklicher Grundrente. Dann bräuchte gar keiner mehr zu arbeiten. Wozu auch, wo wie oben von Sarah geschildert „in der Arbeit die treibende Kraft für Wohlstand“ doch gar nicht mehr steckt? Da ist es doch, das Schlaraffenland, Bruegel hat es geahnt.