In der Kryptoszene gibt es auch viele schwarze Schafe. Doch die spannende Frage bei Bitcoin lautet: War's das jetzt mit der Korrektur? In der Vergangenheit gab es brachiale Einbrüche.
Von Torsten Ewert
Der DAX setzt auch nach der Bundestagswahl seine schwankungsarme (Seitwärts-)Bewegung fort (siehe Börse-Intern vom Freitag). Dabei bewegte er sich zunächst sogar noch innerhalb seiner Kursspanne vom Freitag. Da an den Börsen derzeit also nicht allzu viel passiert, bleibt uns Zeit für einen Blick auf ein anderes Thema: den ersten Bitcoin-Betrug, der in den USA aktenkundig wurde.
Auch bei Bitcoin sind Sie vor Betrügereien nicht geschützt
Vor zwei Wochen bezeichnete der Chef der US-Bank JP Morgan Chase Bitcoin als „Betrug“ und löste damit unter den Bitcoin-Anhängern natürlich einen Sturm der Entrüstung aus. In der vergangenen Woche wurde allerdings tatsächlich der erste Betrugsfall im Zusammenhang mit Bitcoin in den USA gemeldet.
Die U.S. Commodity Futures Trading Commission (CFTC), die US-Aufsichtsbehörde für die Derivatemärkte, meldete, dass ein New Yorker Trader über seinen Fonds mehr 600.000 US-Dollar von ca. 80 Personen „in betrügerischer Absicht“ eingesammelt hat. Laut Fonds-Werbung sollten mittels einer algorithmischen Hochfrequenz-Tradingstrategie Bitcoin gehandelt werden, wobei es angeblich zu keinerlei Verlusten kommen sollte. Aber weder existierte eine solche Strategie noch hatte der Fondsbetreiber die Absicht, sie zu entwickeln. Laut CFTC war die Strategie ein reiner „Fake“. Eventuelle Gewinnausschüttungen des Fonds an die Kunden bestanden aus „umgeleiteten“ neuen Kundengeldern. Das Ganze war also ein klassisches Schneeballsystem.
Ebenfalls in der Vorwoche wurde ein Betrugsfall in der Schweiz bekannt, bei dem die Betrüger mit einer erfundenen digitalen Währung à la Bitcoin von einigen hundert Nutzern mindestens vier Millionen Schweizer Franken eingesammelt haben. Das war wohl zudem nicht der erste Vorfall dieser Art in der Schweiz.
Diese Fälle zeigen: Selbst neue Anlagemöglichkeiten sind vor Betrugsmaschen der alten Schule nicht gefeit.
Was hinter der Bitcoin-Rally steckt
Natürlich haben solche Betrüge mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen an sich erst einmal nichts zu tun. Dennoch stellt sich die Frage, wie nachhaltig die jüngsten Kursanstiege bei „Währungen“ wie Bitcoin sind. Immerhin schoss der Bitcoin-Kurs Anfang September bis auf knapp 5.000 Dollar nach oben (an einigen asiatischen Handelsplätzen stieg er sogar über diese Marke). Damit hat sich Bitcoin allein in diesem Jahr verfünffacht; seit den Tiefs von 2015 legte der Kurs sogar um mehr als das 26-fache zu!
Zwar brach er zwischenzeitlich auch schon wieder um 34 % ein, aber gemessen an den früheren Einbrüchen (2014: -84%, 2013: -71%; 2011 waren es sogar mal -94%!) erscheint dieser Rückgang vorerst unkritisch (siehe Chart).
Quelle: investing.com
Die Leser meiner Stockstreet Investment Strategie hatte ich bereits Anfang Juni ausführlich über Bitcoin und Co. informiert. Dabei ging es vor allem um die folgenden drei Fragen:
1. Ist Bitcoin tatsächlich eine neue Währung oder worin besteht ein Unterschied zu klassischen Währungen?
2. Wie funktioniert die Technologie hinter Bitcoin (Blockchain) und was prädestiniert diese als Währungsersatz?
3. Erleben wir eine Blase bei Bitcoin?
An dieser Stelle muss ich die Antwort auf diese Fragen natürlich offen lassen. (Aber wenn Sie die Antworten lesen wollen, dann holen Sie sich doch ein kostenloses 30-tägiges Probe Abo der Stockstreet Investment Strategie – die Juni-Ausgabe über Bitcoin finden Sie wie alle Ausgaben im Online-Archiv!)
Einige Anregungen zu Bitcoin für Sie
Aber einige Anregungen zum Nachdenken über Bitcoin möchte ich Ihnen doch mit auf den Weg geben: Eine Währung im klassischen Sinne ist Bitcoin schon deswegen nicht, weil darunter heutzutage nur gesetzliche Zahlungsmittel irgendeines Landes verstanden werden. Aber kann Bitcoin wenigstens Geld sein?
Geld hat drei Hauptfunktionen: als Zahlungsmittel, zur Wertaufbewahrung und als Recheneinheit. Bitcoin hat derzeit überall noch Defizite: Als Zahlungsmittel eignet es nicht nur schlecht, denn eine Transaktion dauert (systembedingt!) stets rund 10 Minuten. Aber wer möchte solange warten, um seine Brötchen zu bezahlen?
Auch zur Wertbewahrung taugt Bitcoin bislang nur bedingt. Wie der Chart oben zeigt, ändert sich der Wert von Bitcoin zum Teil drastisch. Viele hoffen derzeit natürlich, dass der Bitcoin-Kurs weiter steigt. Doch wenn das nicht geschieht und die starken Kursschwankungen anhalten, dann werden die Leute kaum das Vertrauen aufbauen, dass eine „Investition“ in Bitcoin langfristig ihren Wert erhält.
Die immer noch starken Kursschwankungen erschweren zudem den Einsatz als Recheneinheit bzw. Wertmaßstab erheblich. Ein Geschäft, dass seine Waren in Bitcoin auspreisen möchte, müsste derzeit faktisch täglich alle Preise ändern. Und auch die Kunden müssten täglich neu rechnen. Auch das ist kaum dazu angetan, das Vertrauen in Bitcoin zu stärken.
Warum es so viele neue Krypto-„Währungen“ gibt
Aber vielleicht sind das ja auch nur Kinderkrankheiten, die im Laufe der Zeit verschwinden. Der Kurs mag sich eines Tages – wie bei anderen Währungen – nur in moderaten Grenzen und eher über längere Zeiträume ändern. Aber bis dahin könnten wir natürlich eine Blase erleben. Vielleicht sind wir ja auch schon mittendrin. Die Kursentwicklung (siehe oben) deutet jedenfalls eindeutig darauf hin.
Auch andere Indizien lassen eine Blase vermuten. So gab es Ende Mai, als ich für meine Leser die erwähnte Juni-Ausgabe der Stockstreet Investment Strategie schrieb, gut 700 weitere Krypto-„Währungen“ – neben Bitcoin. Natürlich spielten die meisten davon keine praktische Rolle. Sie wurden nur gegründet, um Nachzüglern die Chance zu bieten, diesmal als erste dabei zu sein und von den erwarteten exorbitanten Kurssteigerungen zu profitieren.
Manchmal klappt das sogar: Der schärfste Bitcoin-Konkurrent Ethereum zum Beispiel hat sich seit Jahresbeginn sogar um den Faktor 52 (!) verteuert. Aber nicht nur die Kursentwicklung weist (hyper-)inflationäre Züge auf. Die Zahl der Bitcoin-Konkurrenten stieg allein seit Juni um weitere 18 % und liegt nun bei 869. Selbst hartgesottenen Optimisten dürfte klar sein, dass die meisten davon keine langfristige Überlebenschance haben.
Ein ultimatives Blasen-Indiz!
Inzwischen gibt es sogar ein nahezu sicheres Indiz für die „Kryptogeld“-Blase – nämlich dass dieses Thema zum Small-Talk-Thema auf Partys usw. wird. Natürlich sind heutzutage die meisten seichten Themen eher auf den üblichen Social-Media-Kanälen präsent, z.B. bei Twitter. So verkündete die Hotel-Erbin Paris Hilton Anfang September, dass sie bei einer neuen Kryptowährung „investieren“ wolle. Dieser Tweet kam just kurz nachdem Bitcoin seinen bisherigen Höchstkurs bei rund 5.000 Dollar markiert hatte. In den Folgetagen kam es zum Absturz um bisher 34 %.
Ob damit tatsächlich das vorläufige Hoch markiert wurde, bleibt offen. Aber wenn eine vermeintliche Geldanlage zum Modethema wird, ist höchste Vorsicht geboten.
PS: Wie gesagt: In der Stockstreet Investment Strategie habe ich meine Leser rechtzeitig (Anfang Juni 2017) vor dem Platzen der Bitcoin-Blase gewarnt und ihnen gezeigt, warum Bitcoin (und andere Kryptowährungen) bisher nicht als Geldersatz oder Wertanlage taugen. Wenn auch Sie künftig vorher fundierte Informationen zum Börsengeschehen erhalten wollen, dann melden Sie sich jetzt zu einem kostenlosen 30tägigen Probeabo der Stockstreet Investment Strategie an.