Jamaika wieder in der Karibik - und nicht mehr an der Spree. Wie geht es nun weiter und welche Auswirkungen hat dies für die Finanzmärkte?
Von Sascha Opel
Lange sah es so aus, als ob Jamaika demnächst an der Spree liegen würde. Doch die FDP hat Jamaika mit der Beendigung der Sondierungsgespräche wieder in die Karibik versetzt. Wie geht es nun weiter und welche Auswirkungen hat dies für die Märkte? Denkbar wäre eine Minderheitsregierung, was unsere favorisierte Lösung wäre, wohl aber mit Merkel nicht möglich sein wird (warum, dazu kommen wir weiter unten!).
Denn: CDU/CSU könnten in diesem Fall - sofern Merkel oder jemand anderes von Bundespräsident Steinmeier vorgeschlagen wird - mehr zum Wohle des Landes durchsetzen, als in einem instabilen Jamaika-Bündnis.
Einige Beispiele: Selbst in einer Minderheitsregierung wird sich die FDP kaum gegen eine Abschaffung des Soli stellen, der in den Sondierungsgesprächen abgemacht wurde. Grüne und SPD wären in vielen Vorstößen in Sachen Bildung oder Umwelt zu gewinnen. Die FDP und andere Parteien würden kaum in Sachen Digitalisierung bremsen.
In Sachen Zuwanderung und der Rückkehr zu geltendem, nationalem und europäischen Recht, muss das Scheitern gar als Glücksfall für CDU/CSU angesehen werden. Nun hat man die einmalige Chance, die Fehler der letzten Jahre (sofern diese denn als solche erkannt wurden) zu korrigieren.
Sollten sich die Grünen beispielsweise weiterhin weigern, die Maghreb-Urlaubsländer Tunesien oder Marokko als sichere Herkunftsländer zu akzeptieren, werden diese bei anhaltender Kriminalität durch diese Zuwanderergruppe, extrem an Wählerzuspruch verlieren. Jede Gesetzeseingabe dürfte diesbezüglich im Bundestag locker durchgewunken werden.
Wenn die Grünen beim Asylthema im Bundesrat weiter blockieren, schaufeln diese sich in den kommenden Jahren ihr eigenes Grab. Aber auch bei vielen anderen Themen, wie Landwirtschaft, Verkehr, Außenpolitk usw., wird eine Minderheitsregierung wechselnde Mehrheiten finden. Denn keine Partei kann es sich erlauben, bei sinnvollen Gesetzesinitiativen, welche auf eine breite Zustimmung der Bevölkerung treffen, auf Totalblockade zu schalten. Die Wählerbasis würde dies nicht mittragen.
Minderheitsregierung besser als ihr Ruf?
Ergo: Eine Minderheitsregierung kann sogar deutlich mehr Dynamik und Mitbestimmung bedeuten. Wir hatten beim Statement von Merkel nach dem Absprung der FDP am Sonntag Abend das Gefühl, dass sie angeschlagen war. Sie hatte sich insgeheim wohl erhofft, dass durch eine Einbeziehung der Grünen ihr historischer Rechtsbruch der offenen Grenzen nachträglich legitimiert wird. Nun merkt sie, dass die Kanzlerdämmerung eingeleitet wurde.
Denn: In einer Minderheitsregierung müsste Merkel genau das tun, was sie am wenigsten kann. Nämlich klar Flagge zeigen! In jedem einzelnen Punkt, bei jeder Gesetzesinitiative muss sie durch Überzeugungen Mehrheiten beschaffen.
Wofür die FDP, wofür die Grünen, wofür die AfD und wofür Die Linke steht, ist weitgehend klar. Wofür jedoch die Merkel‘sche CDU genau steht, war und ist durch die Merkel‘sche Adaption sämtlicher Themen anderer Parteien in den letzten 12 Jahren, inzwischen völlig unklar!
Die CDU ist unter Merkel weit über die Mitte hinaus nach links gerückt. Weiter als beispielsweise die SPD unter Gerhard Schröder oder Helmut Schmidt. Mit der Zulassung der Massenmigration in die Sozialsysteme hat Merkel die rechte Flanke weit geöffnet.
Die Helmut-Schmidt-SPD hätte diese historische Chance vermutlich ergriffen, diese Nische besetzt (Motto: Wir schützen „unseren“ Wohlfahrtstaat und unsere Arbeiter) und würde heute den Kanzler stellen. So aber haben SPD und CDU gemeinsam diese Flanke (Grenze) nicht geschlossen und die AfD groß gemacht. Ein lesenswertes Interview zu einer möglichen Minderheitsregierung finden Sie hier mit Staatsrechtler Joachim Wieland HIER.
Für die Börse würde eine Minderheitsregierung keinen Schaden bedeuten. Im Gegenteil: da klar ist, dass sich keine großen wirtschaftspolitischen Umbrüche ergeben werden, kann dies sogar von Vorteil sein.
Neben einer Minderheitsregierung ist jedoch auch eine Fortsetzung der großen Koalition denkbar. Die SPD würde hier wohl nur ohne Merkel bereit sein, was ebenfalls vom Markt eher neutral gewertet werden würde.
Neuwahlen dagegen wären für die Märkte die schlechteste Variante, da dann erneute Unsicherheiten über den Ausgang aufflammen dürften. Und ob es dann einen anderen Wahlausgang geben würde, ist zudem zweifelhaft.
Sehr wahrscheinlich würden davon - zumindest wenn Merkel erneut antritt - nach ersten Umfragen die FDP, die AfD und auch die SPD profitieren. Merkel hat sich heute Abend gerade für Neuwahlen ausgesprochen. Und Sie will erneut antreten, da Sie einer Minderheitsregierung eher ablehnend zugeneigt ist.