Die Notenbanken werden unendlich viel Geld drucken, die Weltschulden können sich unendlich erhöhen und Aktien und Bitcoins werden eine unendliche Hausse erleben.
Von Rolf Ehlhardt
Weil die Zinsen nie wieder steigen, werden die Aktienmärkte nie wieder schwach. Diese Geschichte wird irgendwann einmal niedergeschrieben werden. Sie beginnt mit: Es war einmal im Jahre 2018 ….
Nun passt diese etwas ironische Einleitung gar nicht zu meiner grundsätzlichen Einstellung zu Kapitalanlagen. Ich bin überzeugt, dass ein Teil des Vermögens langfristig in Qualitätsaktien angelegt werden muss. Auch, dass man in einer eigenen Immobilie wohnen sollte. Allerdings möglichst Schuldenfrei. Wer sich bei heutigen Niedrigzinsen „bis zur Halskrause“ verschuldet, um sein inzwischen verteuertes Eigenheim zu erwerben, sollte das Problem kennen, das nach Ablauf der Zinsfestschreibung an seine Tür klopfen könnte.
Denn: Wer sich hoch verschuldet, hat meist kein Geld für hohe Tilgung. Wenn aber irgendwann die Zinsen doch mal steigen, werden die Immobilienpreise zurückgehen. Auch der Wert der eigengenutzten Immobilie.
Wird die Bank dann noch stillhalten, wenn die Beleihung nicht mehr 80%, sondern 100% oder mehr (s. 2007 – 2009) des Verkehrswertes darstellt? Und ist der Kredit noch bezahlbar, wenn sich der Kreditzins von 2% auf 4% erhöht (2007: 5%)? Die Belastung damit für eine Kreditsumme von € 500.000,- sich von € 10.000,- auf € 20.000,- im Jahr erhöht? Zuzüglich der Tilgung von mindestens 1%?
Während Nobelpreisträger Prof. Shiller von den teuersten Aktien seit 1929 und 2000 spricht, zeigen die Sentiment-Indikatoren neue Tiefs. Keine Angst unter den Börsianern, weil …. (s. 1. Abschnitt). Aber nicht nur die Aktienindices erreichen Höchststände, auch der weltweite Schuldenberg, die Bilanzen der großen Notenbanken (in USA verfünffacht in 10 Jahren), die Summe der auf Kredit gekauften Aktien (in USA 561 Mrd.) und die Summe der Derivateprodukte (ca. 750 Bill.!!!!!). Als i-Tüpfelchen gibt es jetzt auch welche auf Bitcoins.
Heute ist alles anders?
Sind wir schon alle dement? Waren wir nicht Ende des Jahrhunderts alle kleinkariert, die nicht wahr haben wollten, dass eine Firma, die mit 10 Mio. Umsatz, 50 Mio. Verlust erwirtschaftete, nicht mit 1 Milliarde an der Börse bewertet werden kann? Als wir ungläubig den Kopf schüttelten, dass Schrottimmobilien eine Gelddruckmaschine sein soll? Aber wir haben ja heute eine ganz andere Situation. Aktien sind alternativlos. Die Wirtschaft wächst weiter. „Heute ist alles anders“. Börsenguru Kostolany hat diesen Spruch einmal zum teuersten Satz der Börse erkoren.
Nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass der Schuldenstand in Bezug zum BIP die 100%-Grenze in den wichtigsten Industrieländern bzw. Emerging Markets überschritten hat. Die BRD ist zwar der Einäugige mit 70%, liegt aber auch über den ursprünglichen Maastricht-Kriterien.
Wie die Deutsche Bundesbank jüngst errechnete, hat Deutschland in den letzten 10 Jahren durch die Zinsmanipulation der Notenbanken rund 250 Mrd. an Kreditzinsen gespart. Im „Normalfall“ hätte es also nie eine „schwarze Null“ gegeben und unsere Schulden lägen auch näher in Richtung 100%.
Von der Politik ist auch keine Hilfe zu erwarten. Noch nie hatte man den Eindruck, dass so weit am Volk vorbeiregiert wird. In der EU merkt man gar nicht (z.B. Juncker), wie sehr diese Politik auf Ablehnung stößt. Es ist schon erstaunlich, wie konsequent Politiker an Strategien festhalten, die schon lange gescheitert sind.
Zusammen mit der Politik der USA könnte man das Geschehen auch als AFD-Wahlprogramm bezeichnen. Ich fürchte mich vor dem Tag, wo aus tiefgreifenden Sorgen, bitterer Erfahrung (z.B. Air Berlin) und geschürten Ängsten „Wutbürger“ entstehen.
Ich möchte kein Crash-Guru sein und niemandem den derzeitigen Spaß, bzw. Erfolg an der Börse nehmen. Ich möchte nur, dass jeder Privatanleger sich auch mit den Risiken befasst. Dass er nicht die Gier, sondern auch die Vernunft walten lässt. Eine prozentuale Aufteilung der Anlagegruppen (Diversifikation) und damit auch eine Begrenzung des jeweiligen Risikos, das nun einmal jede Anlageform enthält, hilft, den Totalschaden zu vermeiden.
Problemfall China
Was glauben denn die Anleger, was an der Börse passiert, wenn in China die Kreditblase platzt? Immerhin werden schon ein Drittel der Kredite über das Schattenbanksystem abgewickelt. Oder wenn der Ölpreis wieder in Richtung $ 30,- abtaucht. Wenn die November-Inflation von fast 13% in der Türkei zum Kollaps der Wirtschaft führt?
Oder wenn das „Inflationsziel“ der Notenbanken in 2018 nicht nur erreicht, sondern auch überschritten wird? Selbst ein Crash beim Bitcoin-Kurs, der sich in 2017 im Hoch verzwanzigfacht hat, wird nicht ohne Auswirkung auf die Kapitalmärkte bleiben. Der Wert hat sich immerhin auf über 250 Mrd. hochgeschaukelt. Der jüngste 40%ige Einbruch in 5 Tagen war dann nur ein Vorgeschmack.
Zur Belastungsprobe in 2018 könnte Italien werden, wenn im Frühjahr gewählt wird. Zudem tritt eine EU-Vorgabe in Kraft, wonach notleidende Kredite mit Eigenkapital hinterlegt werden müssen. Wird die Vorgabe ausnahmsweise ernsthaft eingeführt, ist die nächste Bankenkrise vorprogrammiert.
Edelmetalle
Als Versicherung für irgendeinen Fall der Fälle empfehle ich einen 10-20 %igen Anteil in Edelmetallen. Doch die stehen ja derzeit nicht in den Schlagzeilen. Teilweise wird vom Kauf auch abgeraten. Die Kursentwicklung gibt denjenigen derzeit leider Recht.
Aber sollte ein Risiko eintreten, wird ein Aufspringen nur schwer möglich sein. Die Aktienkurse der Produzenten „gehen ab wie Schmidt´s Katze“ und physisches Material ist vielleicht nicht mehr zu beschaffen (wie 2011).
Wohl dem, der einen Teil seines Vermögens schon in Edelmetallen angelegt, zwischenzeitlichen Kursstillstand oder gar Verluste ausgesessen hat, weil er sich des strategischen Wertes eines Edelmetall-Engagements bewusst ist. Gier verhindert u.a. den ruhigen Einstieg zu vernünftigen Preisen und zu Zeiten, in denen sich niemand für die Edelmetalle interessiert. Und wie sagte mir einmal ein erfahrener Commerzbank-Analyst: Manchmal musst Du Dein Geld mit dem Hintern verdienen (kaufen und drauf sitzen bleiben).