Das Dreigestirn aus Lohn-, Inflations- und Zinsentwicklung verschreckt Börsianer. Neue Daten lösen offenbar Verkaufsprogramme aus. Doch wie groß ist die Gefahr durch steigende Zinsen wirklich?
von Sven Weisenhaus
Sie haben sicher schon einmal gehört, dass an der Börse immer wieder „eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird“. Seit dem Kursrutsch der vergangenen Woche ist dies aktuell offensichtlich das Dreigestirn aus Lohn-, Inflations- und Zinsentwicklung. Denn nachdem sich quasi alle Experten und Medien einig waren, dass der jüngste Kurseinbruch an den Aktienmärkten durch den US-Arbeitsmarktbericht und die steigenden Renditen bei US-Anleihen ausgelöst wurde, reagierten die Märkte gestern entsprechend hektisch auf die Veröffentlichung der US-Inflationsdaten.
Vorsorglicher Rückzug einiger Anleger
Exakt mit Bekanntgabe der Zahlen gaben die Kurse um 14:30 Uhr deutlich nach - siehe beispielhaft den folgenden DAX-Chart (die rote Ellipse markiert den Zeitpunkt der Veröffentlichung). Das geschah so plötzlich, dass wohl zu dieser Zeit noch niemand die Zahlen in Gänze gelesen und korrekt gedeutet haben konnte. Stattdessen haben wohl automatisierte Programme auf die Zahlen reagiert und die Aktienmärkte kurzzeitig auf Talfahrt geschickt.
Doch nachdem sich einige Anleger ausführlicher mit den Zahlen beschäftigt hatten, erholten sich die Kurse sehr schnell. Zu Recht, denn die Inflationszahlen waren, genau wie die Arbeitsmarktdaten und der Renditeanstieg zuvor, keine große Überraschung. Sie reihen sich ebenfalls lediglich perfekt in die bisherigen Tendenzen ein.
Starker Monatsanstieg, unveränderte Jahresraten
Zwar sind die Verbraucherpreise im Januar relativ deutlich um 0,5 % gegenüber dem Vormonat angestiegen, was über den Erwartungen lag und daher wohl die Programme zum Verkaufen veranlasst hat,…
… die Jahresrate blieb mit +2,1 % im Vergleich zum Vormonat aber unverändert.
Auch wenn man die volatilen Preise für Energie und Nahrungsmittel ausklammert, stiegen die Preise in der sogenannten Kernrate gegenüber dem Vormonat zwar relativ deutlich um 0,3 %, gegenüber dem Vorjahr blieb aber die Jahresrate mit 1,8 % ebenfalls unverändert zum Vormonatswert. - Insofern sind die Inflationsdaten eigentlich relativ harmlos. Sie bestätigen vielmehr den Zinspfad der US-Notenbank Fed und sprechen für eine nächste Zinsanhebung auf dem kommenden FOMC-Meeting im März.
Kursverhalten zeigt Nervosität der Anleger
Offenbar wurde also gestern vorsorglich (und automatisiert) verkauft, weil das Thema Inflation als ein Teil der „Sau im Dorf“ aktuell sehr kritisch beäugt wird. Die Anleger sind derzeit offenbar sehr verängstigt und extrem vorsichtig.
Das ist eigentlich ein gutes Zeichen, denn nun könnten die Kurse bald wieder entlang einer Mauer der Angst steigen und damit die Korrektur schnell enden. Das würde zu meiner Erwartung einer Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau passen.
Aktuelle Situation im DAX
Die Seitwärtsbewegung könnte sich im DAX derart gestalten (siehe folgender Chart), dass es nach der (schwarzen) Elliott-Welle 4 in den kommenden Tagen oder Wochen im Rahmen der (schwarzen und blauen) Welle 5 wieder nach oben geht (grüner Pfeil). Dabei könnte es zwar durchaus zu einem neuen Hoch kommen, anschließend sollten die Kurse aber wieder deutlich fallen (langer roter Pfeil).
Ein Leser hat mich kürzlich darauf hingewiesen, dass man diesen Chart auch logarithmisch zeichnen kann (siehe folgender Chart). „Dadurch fallen die Tiefs von 02.2009, 09.2011 und 02.2016 auf einer Trendlinie“, so der Leser Andreas K.
Bei längerfristigen Charts ist eine logarithmische Darstellung durchaus sinnvoll. Dies bestätigt der neue Aufwärtstrendtrendkanal. Daher: Vielen Dank für die Beteiligung und den freundlichen Hinweis, lieber Herr K.
Es wird sich zeigen, welche Chart-Variante sich als relevanter herausstellt. In beiden Fällen ist aber zu erwarten, dass sich der DAX eine Weile zwischen ca. 11.900 und 13.600 Punkten auf und ab und damit auf hohem Niveau tendenziell seitwärts bewegen wird.
Endet die Korrektur erneut an der 12.000er Marke?
Kurzfristiger betrachtet (siehe folgender Chart) hat der DAX seine jüngste Korrektur vorerst auf dem Niveau beendet, auf dem auch im vergangenen Jahr eine größere Korrektur auslief und eine neue Aufwärtsbewegung begann (grüne Bögen).
Einen wichtigen Unterschied gibt es aber zwischen beiden Korrekturen: das zeitliche Ausmaß. Und weil die aktuelle Korrektur sehr schnell ablief, erwarte ich nicht, dass der DAX nun bereits im Rahmen der Elliott-Welle 5 wieder in hohem Tempo nach oben laufen wird. Stattdessen gehe ich davon aus, dass die Korrektur noch eine Weile andauert und es dabei im Rahmen der Welle 4 sogar zu einem neuen, tieferen Tief kommen kann.
Das Ausmaß der aktuellen Gegenbewegung
Aber das bleibt zunächst abzuwarten. Denn eigentlich hat sich gegenüber der vorangegangenen DAX-Analyse vom Dienstag vergangener Woche nicht viel verändert. Der DAX hat das Beta-Target (gelber Kreis) in den Handel eingebunden und dort die aktuelle, kurzfristige Trendwende (rechter grüner Bogen) vollzogen. Nun hängt es vom Ausmaß der Gegenbewegung ab, wie sich der DAX weiter entwickelt. Denn dies wird einen entscheidenden Hinweis auf die Stärke der Bullen und Bären liefern.
Können die Bullen den Tiefschlag schnell verdauen und die Kurse bis in die Broadening-Formation (gelbe Linien) zurücktreiben, wäre dies schon recht bullish zu werten. Zumal der DAX dann auch die Rechteckgrenze bei 12.590 Punkten zurückerobert hätte. Dann könnten wir das Tief der Korrektur bei rund 12.000 Punkten bereits gesehen haben. Prallen die Kurse dagegen spätestens an der Trompete bzw. der 12.590er Rechteckgrenze nach unten ab, muss man wohl mit einem erneuten Ansteuern der 12.000er Marke rechnen.
ABC-Korrektur
Neue Tiefs wären dabei wahrscheinlich. Der erste Kurssturz wäre dann die untergeordnete Welle A der (schwarzen) Welle 4. Die Kurserholung könnte man dann als Welle B zählen. Und ein neues Korrekturtief würde dann im Rahmen der Welle C markiert. Erst damit wäre die Welle 4 abgeschlossen und es könnte im Rahmen der (schwarzen bzw. blauen) Welle 5 auf ein neues Allzeithoch gehen.
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