Ex-EZB-Chefvolkswirt Issing warnt vor weiterer EU-Integration. „Wer aus der EU eine Transferunion macht, legt die Saat für künftige Konflikte“.
Der ehemalige Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Otmar Issing, hat davor gewarnt, die EU zu einer Transferunion auszubauen. „Wer aus der EU eine Transferunion macht, legt die Saat für künftige Konflikte“, sagte Issing der WirtschaftsWoche.
Die Vorschläge des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron zur Reform der EU, die auch eine Sozialunion beinhalten, „werden den Kontinent spalten und die Europäer in einer Weise gegeneinander aufbringen, die über das hinausgeht, was wir bisher gesehen haben“, warnte der ehemalige Chefvolkswirt der EZB.
Macron stelle das Fundament des freien Binnenmarktes in Frage, „indem er die EU als Schutzraum definiert, der Unternehmen und Arbeiter vor Wettbewerb und Konkurrenz abschirmen soll“.
Damit nehme er den Ländern in Osteuropa die Chance, zum Westen aufzuschließen. „Die Folgen sind Arbeitslosigkeit, soziale Unruhe n und noch mehr Migration aus dem Osten in die Sozialsysteme Westeuropas“, sagte Issing.
Issing warnte die Bundesregierung davor, den Euro-Rettungsschirm ESM zu einem Europäischen Währungsfonds auszubauen. „Wenn der ESM unter EU-Recht gestellt wird und Beschlüsse über Rettungshilfen nicht mehr einstimmig, sondern mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden, höhlt dies die fiskalpolitische Souveränität der Länder aus“, so Issing.
Der Glaube, Europa sei eine Rechtsgemeinschaft, in der man Verträge schließt, um sie einzuhalten, habe sich als Illusion erwiesen. „Auf dieser Basis kann man nicht weiter gehen in Richtung stärkerer Integration, sprich Zentralisierung. Schon gar nicht, wenn es um Finanzen und Steuern geht, den Kernbereich der nationalen Souveränität“, so Issing.