Bitcoin & Co. im Sinkflug: Erleben wir gerade das Ende der anarcho-libertären Träume? - Die Kryptowelt muss begreifen, dass ihr spätestens seit dem 18. Dezember 2017 offiziell der Krieg erklärt wurde.
Von Sascha Opel
Als wir am 1. Dezember unseren zuvor im Börsenbrief veröffentlichten Artikel auf dem Investman-Portal posteten (Link unten) und schrieben, dass der Beginn des Bitcoin-Future-Handels am 18. Dezember eine ernsthafte Gefahr für die weitere Entwicklung des Bitcoin darstellen und dieser für vermutlich für „sehr lange Zeit“ ausgebremst werden könnte, da konnten wir nicht ahnen, dass es tatsächlich der 17. Dezember sein würde, welcher das bisherige Hoch beim Bitcoin (und vielen anderen Kryptowährungen) markieren sollte.
Link zum damaligen Artikel.
Viele Aussagen von damals sind universell und bleiben auch die nächsten Jahre gültig. Wie zum Beispiel, dass der Bitcoin und Kryptowährungen eine Gefahr für das Zentralbankensystem und damit das Geldmonopol der Banken darstellen.
„Würde die ganze Welt in Kryptowährungen flüchten, wäre das Monopol dahin“, schrieben wir damals. Gilt natürlich weiterhin.
Glauben Sie daran, dass Banken auch in Zukunft sicher sind und Ihr Geld trotz Null– und Negativzinsen vor Geldentwertung geschützt ist, dann werden Sie ohnehin weder Gold, noch Aktien, noch Immobilien zur Vermietung und auch keine Kryptowährungen besitzen. Allerdings ist die Zahl derjenigen, die dem System grenzenlos vertrauen, seit dem Beinahe-Kollaps des Weltfinanzsystems am 15. September 2008 (Lehman-Pleite) doch erheblich gesunken.
Nicht zuletzt ist es diesem „Black Swan-Event“ von damals zu verdanken, dass der Bitcoin überhaupt erfunden wurde. Eben als Reaktion auf Lehman und das einstürzende, zentrale Bankensystem. Nachdem die Banken nun fast 10 Jahre gebraucht haben, um die Kollateralschäden in den Bilanzen durch die Hilfe gedruckten Zentralbankgeldes zu bereinigen (oder in Bad Banks zu verschleiern), wäre es „wenig hilfreich“ (wie es Merkel zu sagen pflegt), wenn nun ein neuer Großangriff in Form dezentraler Kryptowährungen das System gefährdet. Wir zitieren daher nochmals unseren Artikel:
„Die Wall Street-Banken, die nun ins Geschehen eingreifen werden, sind die Besitzer der privaten US-Notenbank FED, welche das Geldmonopol besitzt."
Ende der anarcho-libertären Träume?
Glaubt jemand ernsthaft, diese werden das Feld kampflos räumen? Wir sind überzeugt, dass Goldman Sachs, JP Morgan, Merrill Lynch usw. längst große Bitcoin-Positionen im Vorfeld des Futures aufgebaut haben. Womöglich stecken diese Adressen sogar hinter dem massiven Anstieg der letzten Monate. Hat man seine Handelsposition aufgebaut, wird man diese über den Future „bewirtschaften“ und vermutlich die Kontrolle über den Bitcoin-Handel übernehmen.
Auch wenn wir diese These nicht beweisen können. Es ist seitdem offensichtlich, dass - ähnlich wie beim Gold über viele Jahre schon zu beobachten - zu gewissen Unzeiten, Attacken gefahren werden. Und, ähnlich wie beim Gold, werden dann die „logischen Erklärungen“ für den Kursverfall, gleich hinterhergeschoben.
Crypto-Krieg
Die Kryptowelt muss begreifen, dass ihr spätestens seit dem 18. Dezember 2017 offiziell der Krieg erklärt wurde. Viele alte Kryptoanleger wollten dies bis vor wenigen Tagen nicht wahrhaben.
Doch seitdem klar ist, dass auf dem G20-Treffen nächste Woche eine globale, über-scharfe Regulierung, ja sogar ein Verbot, auf dem Tagesplan steht, dürfte klar sein, dass die Zeichen auf Kampf stehen. Ob es sogar ein Überlebenskampf wird?
Werbeverbot bei Google
Nach Facebook hat nun auch Google angekündigt, keine Werbung mehr für ICOs zuzulassen. Eine konkrete Begründung für das Verbot lieferte Google nicht, was vermuten lässt, dass auch hier „sanfter Druck von oben“ ausgeübt wurde. Facebook hatte den Schritt mit zu vielen betrügerischen Anbietern erklärt, die das aktuelle Interesse an Kryptowährungen ausnutzen wollten. Damit ist jegliche Krypto-Werbung, egal ob von windigen oder seriösen und vielversprechenden Gesellschaften, von den beiden größten Plattformen im Internet ausgeschlossen.
Auch dies ist ein Zeichen, dass der „Krieg“ in die nächste Runde geht. Zweifelsohne zwingt man die ganze Branche gerade zum Umbruch und damit zum Bruch mit der ursprünglichen Idee:
Herrschte bislang in der Szene anarcho-libertäres Denken, womit die Idee verbunden ist, dass durch Bitcoins und Blockchainlösungen der Traum von einem System ohne Banken, Zentralbanken und Regierungen (und damit auch ohne Kriege) verwirklicht werden könnte, so versuchen inzwischen große Akteure („Bitcoin-Wale“), sich in den rechtssicheren Raum zu retten.
Gerade die Big Boys der Szene (wie die Winklevoss-Brüder) haben verstanden, dass sie nicht dauerhaft im rechtsfreien Raum agieren können. Zwar können Staaten Kryptowährungen aufgrund der dezentralen Beschaffenheit nicht verbieten (dafür müsste man bekanntlich das Internet „verbieten“ oder „abschalten“, was natürlich Nonsens ist), aber - und das scheint die „Kriegstaktik“ zu sein - man kann die Eintrittspunkte ins System (die Börsenbetreiber und Handelsplätze) sehr empfindlich treffen.
Und ohne Handelsplätze sind so ziemlich alle Kryptobestände wertlos. Versuchen Sie mal, einen Bitcoin in Euro zu verkaufen, wenn kein Zugang zu einer Börse möglich ist und womöglich eine Kursfeststellung gar nicht mehr stattfindet. Deshalb dürfte die Unsicherheit bis zum G20-Treffen in Buenos Aires anhalten.
In einem Entwurf für das Kommuniqué dieses G20-Treffens, welches am 19. und 20. März stattfindet und welches die Nachrichtenagentur Reuters angeblich einsehen konnte, heißt es, „man müsse multilaterale Antworten finden“, falls die Kryptowährungen ab einem bestimmten Punkt „die Finanzstabilität bedrohten“.
Wie immer, wenn globale Maßnahmen in Sachen Finanzmarktstabilität zu ergreifen sind, muss in dieser Beziehung im Vorfeld auch das übliche Triumvirat aus Terrorfinanzierung, Geldwäsche und Steuerhinterziehung herhalten. Ganz so, als ob es diese Dinge nicht auch mit Euro oder US-Dollar geben würde und diese nicht auch über das Bankensystem abgewickelt werden würden.
Regulierung?
Wie verhalten sich die Vertreter der Kryptobranche? Diese ist tief gepalten. Auf der einen Seite diejenigen, die sich keinerlei Regulierung wünschen und behaupten, diese sei weder möglich noch nötig. Wir zitieren dazu aus einem Handelsblatt-Artikel über die Crypto Assets Conference in Frankfurt von Ende Februar, als sich Austin Alexander von der US-Kryptobörse Kraken einen Schlagabtausch mit Christoph Kreiterling von der BaFin lieferte:
„Auf die Frage von Christoph Kreiterling, Kryptowährungsexperte der deutschen Aufsichtsbehörde Bafin, ob die Szene viel Arbeit in die Verhinderung von Regulierung stecke, holt Alexander zum Rundumschlag aus. „Die Kryptowelt ist auf Dauer gar nicht regulierbar. Sie existiert in einer neuen Sphäre, die von dir und anderen staatlichen Behörden gar nicht erreicht werden kann“, spricht er den anwesenden Aufseher direkt an.
„Jeder Versuch, sie zu regulieren ist lächerlich, kurzsichtig und wird im Desaster enden“, so Alexander. „Nordkorea hat auch das Internet verbo-ten. Hat das dem Internet-Business mehr geschadet - oder Nordkorea?“ Im Saal gibt es für solche Kritik sowohl Applaus als auch leise „Bullshit“-Rufe.
Und auf der anderen Seite eben diejenigen Entwickler und „Wale“ der ersten Stunde, welche befürchten, dass ein Blockieren jeglicher Regulierung im Todesstoß enden könnte und damit ihre Millionen und Milliardenvermögen über Nacht erodieren. Dazu gehören unter anderem die Winklevoss-Zwillinge, die als erste Bitcoin-Milliardäre gelten, oder auch Ethereum-Gründer Vitalik Buterin.
Der Deutsche Ethereum-Vertreter Fabian Vogelsteller begrüßte auf der gleichen Veranstaltung staatliche Regulierung ausdrücklich. „Diese macht unser System stärker.“ Selbst wenn die US-Aufsicht SEC alle neuen Krypto-Anlagen, sogenannte Token, künftig als Wertpapiere einstufe, sei das kein Problem. Schließlich sei es gar nicht so teuer, eine Prospektpflicht zu erfüllen, so Vogelsteller.
Wir vermuten, dass die schweren Geschütze im Vorfeld der G20 vor allem dazu dienen, damit staatliche Stellen künftig (wie eben bei Banken auch) Informationen von den Börsenbetreibern einfordern können, um entgangene Steuern einzutreiben.
Denn: Sehen die Staaten in den Kryptoanlegern potenzielle „Steuerkunden“, sieht das Ganze aus Staatssicht gleich „freundlicher“ aus.
Die Ironie an der Geschichte: Dass schon bald Blockchain-Firmen mit ihrem Know-how und entsprechender Software staatlichen Aufsehern bei der Verfolgung von „Krypto-Verbrechern“ (=Steuersündern) helfen (Big Blockchain bietet so etwas ja bereits an), hätte sich der ominöse Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto wohl nicht mal im Traum ausdenken können.
Völlig nüchtern und emotionslos betrachtet, könnte dies der Preis für das Überleben der Börsen und Kryptowährungen sein. Für viele, die Ihr Geld am Fiskus vorbeischleusen wollten, wäre dies zwar eher ein Alptraum. Aber ein gesicherter Rechtsrahmen und die Gewissheit, dass der Markt dann seine dauerhafte Existenzberechtigung hat, würde wohl enormes Kapital in den Krypto-markt zurückbewegen, welches sich in den letzten Wochen zurückgezogen hatte.
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