Wo liegt der faire Wert von Bitcoin? 700.000 US-Dollar oder NULL? Dies sind die Meinungen zweier hoch angesehenen Ökonomen. - Bitcoin als Gold-Ersatz?
Von Sascha Opel
Nouriel Roubini, bekannter US-Wirtschaftswissen
Nun muss man wissen: Unter den Bitcoin- und Blockchainskeptikern übertreffen nur wenige Nouriel Roubini von der New York University. Für ihn sind Coins keine Währungen, weil sie kein Wertspeicher sind, argumentiert er immer wieder. Zudem seien sind wertlos für Zahlungen, da die Blockchaintechnologie von Bitcoin und Ethereum nicht annähernd das gleiche Transaktionsvolumen wie Visa, Mastercard oder das Swift-System bewältigen kann.
Sein Podiumskontrahent, Kryptoveteran Alex Mashinsky von Celsius Network sagte, Krypto-Vermögenswerte würden Banken überflüssig werden lassenZentrale Identitäten überflüssig zu machen und damit neues Vertrauen zu schaffen, darum gehe es. Roubini meinte daraufhin wörtlich: All this talk of decentralization is just bullsh*t“. Dezentralität sei kein Wert an sich, meinte Roubini. Die Diskussion beendete und entschärfte der Moderator mit den Worten: "ich glaube nicht, dass irgendjemand weiß, wo das alles am Ende hinführt, auch hier nicht."
Gefehlt hätte bei dieser Diskussion auf der Milken Institute Global Conference nur noch John Pfeffer, der zweite Ökonom, der in dieser Woche mit einem spektakulären Bitcoin-Kursziel von sich reden machte. John Pfeffer? Nie gehört? Wir auch nicht - bis vorgestern. John Pfeffer war früher Partner bei KKR und führt nun das von ihm gegründete Londoner Family-Office Pfeffer Capital. Er sprach am Montag auf der Sohn Investment Conference" in New York.
Diese jährliche Konferenz ist normalerweise ein Ort, an dem die besten Hedge-Fonds-Manager und Investoren der Wall Street ihre aussichtsreichten Titel präsentieren.
Das Besondere: Als erster Top-Investor der 23-jährigen Geschichte der Veranstaltung nutzte Pfeffer am Montag die Konferenz von Sohn, um Bitcoin zu empfehlen.
Bitcoin statt Gold?
Pfeffer leitete ein mögliches Kursziel von 700.000 USD mathematisch ab. Wie sich der Kurs vom aktuellen Niveau ver-75-fachen soll?
Indem es die Goldfunktion der Wertaufbewahrung ersetzt. "Bitcoin ist der erste brauchbare Kandidat, den die Welt je gesehen hat, um Gold zu ersetzen", sagte Pfeffer, der ein ehemaliger Partner der Private-Equity-Firma KKR (eine der absoluten Größen der Finanzwelt) ist, im New Yorker Lincoln Center. "Wenn also Bitcoin zum dominierenden, nicht souveränen Wertspeicher wird, könnte es das neue Gold oder die neue Reservewährung werden."
Pfeffers mathematische Rechnung funktioniert so: Erstens geht er davon aus, dass Bitcoin das gesamte Gold, welches derzeit von privaten Investoren als Wertspeicher gehalten wird (weil diese entweder dem Papiergeld- oder dem Bankensystem nicht vertrauen), ersetzen wird. Also all die Goldbarren und Münzen, welche die Leute in einem Tresor aufbewahren oder im Garten vergraben haben. "Bitcoin ist wesentlich einfacher zu lagern und zu sichern", sagte Pfeffer als Vorteil gegenüber Gold.
Laut Pfeffer beträgt der aktuelle Wert aller privaten Goldvorräte circa 1,6 Billionen Dollar. Angenommen, es werden 18 Millionen Bitcoins in Umlauf sein, bis die Kryptowährung Gold vollständig ersetzt (bisher wurden etwa 17 Millionen Bitcoins produziert, von den maximal 21 Millionen, die existieren können), wäre der implizite Wert eines Bitcoins dann 90.000 USD.
Warum 700.000 USD?
Dies ist das konservativste Szenario von Pfeffer, dem er 8% Eintrittswahrscheinlichkeit zurechnet. Wie kommt er dann auf die 700.000 USD? Dies würde dann eintreten, wenn die Zentralbanken den Bitcoin als Reservewährung adaptieren – so, wie diese jetzt Gold oder andere Währungen halten (von Euro, über Schweizer Franken bis Japanischer Yen halten Regierungen und Zentralbanken ausländische Währungen, um internationale Schulden zu begleichen und andere grenzüberschreitende Transaktionen abzuschließen.) "Es ist vorstellbar, dass Bitcoin im Laufe der Zeit irgendeine Form von Geldreserven verdrängt", sagte Pfeffer auf der Konferenz.
Die gesamten Währungsreserven belaufen sich derzeit weltweit auf 12,7 Billionen US-Dollar. Während es unwahrscheinlich ist, dass Bitcoin alle Reservewährungen vollständig ersetzen würde, modellierte Pfeffer Szenarien, in denen Bitcoin für ein Viertel der Währungsreserven verantwortlich sein würde, was eine Verzwanzigfachung zum aktuellen Preis bedeuten würde.
Wenn der Gesamtwert von Bitcoin auf das Äquivalent aller Währungsreserven - einschließlich privater und staatlicher Goldreserven - ansteigen würde, würde dies einen Bitcoin-Preis von 700.000 US-Dollar bedeuten. Diesem Szenario bemisst er allerdings nur eine Wahrscheinlichkeit von 1% zu und nannte keine Zeitachse.
"Was mich als Anleger am meisten interessiert, ist, dass Bitcoin die dominierende nicht-staatliche Währung werden könnte", sagte Pfeffer. Obwohl er nur eine extrem geringe Wahrscheinlichkeit von 1% sieht, dass der Bitcoin die tatsächlich 700.000 USD erreicht, reicht ihm alleine die Möglichkeit aus, um "eine kleine Risikokapitalwette im Buy-and-Hold-Stil zu machen", sagte er. Anders ausgedrückt, lautet seine Strategie: "Kaufe das Ticket, nimm die Fahrt", so Pfeffer.
Bitcoin Nr.1
Zusätzlich zu Bitcoin hat sich Pfeffer in den letzten zwei Jahren mit Investitionen in andere Kryptowährungen beschäftigt, aber hat nun sein Krypto-Portfolio wieder auf Bitcoin reduziert.
Er kam zu der Erkenntnis, dass viele andere Kryptowährungen neben Bitcoin nicht einfach als Geld funktionieren, sondern als so genannte Utility-Tokens.
Diese Coins dienen einer bestimmten Verwendung und eben nicht als reine Währung. (ERC-20-Token, die an das Ethereum-Netzwerk gebunden sind, werden beispielsweise zum Ausführen sogenannter "intelligenter Verträge“, Smart Contracts, verwendet).
Aber mit der ökonomischen Theorie des Geldes, die als "Gleichung des Tausches" bekannt ist, postulierte Pfeffer, dass ein Kryptowährungsnetz nur so wertvoll sein kann, wie seine gesamte wirtschaftliche Aktivität, geteilt durch die Geschwindigkeit, mit der das Geld den Besitzer wechselt.
Da Utility-Tokens von Haus aus häufig ausgetauscht werden und ihr Wert ständig unter Druck steht, sagte Pfeffer: "Ich denke, sie werden sich eher als Wertfallen herausstellen." Ausnahmen werden schnell wachsende Business-Modelle bleiben, die sich um den Utility-Token drehen.
Bitcoin, auf der anderen Seite, bietet den entgegengesetzten Vorschlag, fügte Pfeffer hinzu: Gerade weil es nur die Wertspeicherfunktion übernimmt, ist es keine Wertfalle, wenn die Leute ihren Reichtum in einem Krypto-Vermögen speichern wollen. Seine ursprüngliche These, dass Bitcoin Gold ersetzen wird, immer als Grundvoraussetzung.
Unsere Meinung:
Wir können weder der Null-Theorie von Roubini noch der 700.000 USD-Theorie von Pfeffer etwas abgewinnen. Beides sind Extreme mit hoher Wahrscheinlichkeit des nicht-Eintretens. Dass Gold komplett von Bitcoin ersetzt wird, ist schon deshalb unrealistisch, da – sollte ein hoher Preisanstieg von Bitcoin und ein gleichzeitiger Wertverlust von Gold irgendwann eintreten (was nach der Theorie von Pfeffer ja passieren müsste), sich das Angebots-/Nachfrage-Verhältnis wohl umkehren würde.
Angenommen ein Bitcoin würde 100.000 USD und Gold nur noch 500 USD/Unze kosten, wäre selbst für eingefleischte Bitcoin-Jünger die Versuchung groß, dann einmal 200 Unzen Gold in den Bestand zur Diversifizierung zu nehmen (oder andere Assets, wie Aktien oder Immobilien zu kaufen). Geschweige denn die Preisspanne würde sich noch weiter öffnen. Insofern ist eine derartiges Preisziel in unseren Augen nur dann realistisch, wenn das Gelddrucken der Zentralbanken hyperinflationären Charakter annimmt. Aber dann werden auch andere Assets, wie eben Gold, Silber, Aktien und Immobilien nach oben hypen.
Achtung ICO
Pfeffers Zweifel an Utility-Tokens können wir sehr gut nachvollziehen. Kleine Start-Ups, die nun Millionen durch Tokenverkauf einnehmen, müssen zunächst einmal in die Größe dieser Bewertungen hineinwachsen und unter Beweis stellen, dass wirklich ein Business-Modell um den Token/Kryptowährung aufgebaut wird, welches wirklich abhebt. Diese Tokens werden nur dann gefragt sein, wenn sich Businessmodell dahinter wirklich etabliert. Dann könnte so ein Token auch eine Wertspeicherfunktion übernehmen.
Wie bereits letzte Woche geschrieben: Unter 100 ICOs sehen wir hier die Chance, dass es vielleicht 5 schaffen (also bei 5%), eine größere Company/Community aufzubauen und wo eine Tokenisierung des Geschäftsmodells mit eigener Kryptowährung tatsächlich Sinn macht. Und denken Sie stets an die „Greater Fool Theory“.
Sprich: Viele Anleger wissen gar nicht genau, in welche Coins sie investieren, sondern suchen nur einen „Deppen“, der ihnen diese später teurer abkauft. Hier liegen wir am Ende sogar ein wenig auf der Welle von Roubini, auch wenn dieser den entscheidenden Punkt, warum man in Gold (hasst er auch) oder eben Bitcoins zu investieren (diversifizieren) nicht verstanden hat. Nämlich um einen Teil seines Vermögens aus dem Feuer und der Ansteckungsgefahr eines fragilen Banken– und Finanzsystem zu nehmen.
Denn eines ist so sicher, wie das Amen in der Kirche: Der nächste Knall im globalen Fiat-Schuldensystem kommt bestimmt. Und dann sollte man Kryptomäßig fit sein und zumindest mit einem kleinen Teil seines Vermögens investiert sein.
Bitcoin + Ethereum kaufen in Deutschland: Bitcoin.de