Nach Einschätzung von führenden deutschen Ökonomen bietet der Ausgang der US-Kongresswahlen für Europa keinen Anlass für Optimismus.
"Es wird ungemütlich für Trump, aber nicht besser für Europa", sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, dem "Handelsblatt". In der Handelspolitik werde sich wenig ändern, viele Demokraten seien eher protektionistisch orientiert.
Es könne sogar sein, so Fuest, dass US-Präsident Donald Trump "noch aggressiver wird, wenn er innenpolitisch unter Druck gerät". Fuest hält dies für ein realistisches Szenario. So werde Trump angesichts der demokratischen Mehrheit im Repräsentantenhaus weitere Steuersenkungen, die er plant, nicht durchsetzen können.
Zudem geht Fuest davon aus, dass im März 2019 die Obergrenze für die Staatsschulden erhöht werden müsse. "Die Demokraten könnten dafür Maßnahmen zum Abbau des Budgetdefizits verlangen, also eventuell Steuererhöhungen", sagte der Ifo-Chef. "All das bedeutet, dass der schuldenfinanzierte Boom in den USA schneller enden könnte als bislang erwartet."
Wenig Chancen sieht Fuest in einem Investitionsprogramm für die US-Infrastruktur. Das könne zwar ein "gemeinsames Projekt" von Demokraten und Republikanern sein. "Aber einen solchen Erfolg werden die Demokraten Trump kaum gönnen, deshalb wird das wohl nichts."
Ernüchternd fällt auch die Bewertung des Wahlausgangs durch den Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, aus. Da Trump in der Innenpolitik an Gestaltungsspielraum verliere, könne er in der Außenwirtschaftspolitik "noch entschiedener" auftreten, sagte Krämer der Zeitung. "Für die Europäer sind die Risiken deshalb nicht gesunken, schließlich herrscht beim Handelskrieg zwischen den USA und der EU nur ein Waffenstillstand, aber noch kein Friede."
Für die EU komme es daher jetzt darauf an, "Trump den Wind aus den Segeln zu nehmen und auf ihn zuzugehen", so Krämer. "So sollte die EU anbieten, ihre Autozölle auf das niedrigere US-Niveau zu senken."
Außerdem sollten die Europäer endlich ihre Verteidigungsausgaben auf das Nato-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anheben. "Die EU muss alles tun, um einen Handelskrieg zu vermeiden, der für das Autoland Deutschland desaströse Folgen hätte."
Foto: US-Flagge, über dts Nachrichtenagentur