Zweimal ist die SPD bereits mit dem Versuch gescheitert, den früheren Berliner Finanzsenator aus der Partei zu werfen. Jetzt will Nahles handeln.
Der SPD droht ein neuer Konflikt um ihr Mitglied Thilo Sarrazin. Eine vom Parteivorstand Ende August eingesetzte Kommission, die Sarrazins Aufreger-Buch »Feindliche Übernahme« auf Vereinbarkeit mit sozialdemokratischen Überzeugungen überprüfen sollte, hat ihren Abschlussbericht dem Willy-Brandt-Haus zugestellt, berichtet der Spiegel in seiner neuen Ausgabe.
Das fünfköpfige Gremium, das neben dem Anti-Islam-Buch weitere Schriften und Interviews des Ex-Bundesbankers untersucht hat, sieht in Sarrazins populistischen Thesen teils deutliche Widersprüche zu den Grundwerten der SPD.
Parteichefin Andrea Nahles will nach SPIEGEL-Informationen rasch handeln. Sie steht vor einer schwierigen Entscheidung: Zweimal ist die SPD bereits mit dem Versuch gescheitert, den früheren Berliner Finanzsenator aus der Partei zu werfen.
Riskiert Nahles einen weiteren Anlauf, droht die angestrebte inhaltliche Erneuerung durch den Fall Sarrazin überlagert zu werden. Verzichtet sie darauf, dürfte ihr das in Teilen der SPD als Mutlosigkeit ausgelegt werden. Für einen Parteiausschluss gibt es rechtlich hohe Hürden.
Der Bericht der Kommission, in die Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin sowie Ex-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan eingebunden waren, werde nun »geprüft«, heißt es in der SPD. Handlungsempfehlungen gibt der Bericht nicht. Der Parteivorstand soll über das weitere Vorgehen beraten.
Sarrazin selbst gibt sich unschuldig. »In keinem meiner Bücher verstoße ich gegen die Grundwerte der SPD. Da kann die Kommission endlos forschen«, sagt er. »Der SPD-Parteivorstand hat sich vor acht Jahren mit dem Ordnungsverfahren gegen mich auf peinlichste Weise blamiert, das kann er natürlich gerne wiederholen.«
Bei der Auseinandersetzung hatte die Nahles, damals Generalsekretärin, einen umstrittenen Vergleich ausgehandelt. Danach durfte Sarrazin Genosse bleiben, gegen das Versprechen, sein »Bekenntnis zu den sozialdemokratischen Grundsätzen« künftig nicht »infrage zu stellen oder stellen zu lassen«.