Zitter-Zensur in der CDU-Zentrale. Kein Wort zum Gesundheitszustand von Angela Merkel. Das befeuert wilde Spekulationen. - Die Gesundheit einer deutschen Bundeskanzlerin ist keine Privatsache.
von Daniel Matissek
Es ist eigentlich ganz simpel: Entweder sind die Zitteranfälle Angela Merkels (von denen man annehmen darf, dass sie weitaus häufiger auftreten als es die Kameras einfangen) ganz harmlos und haben tatsächlich keinen ernsteren Hintergrund, gehen also etwa auf psychische bzw. psychosomatische Ursachen zurück oder auf vorübergehende organische Störungen („Dehydration“, Unterzuckerung, Kreislaufprobleme).
Dann gäbe es allerdings überhaupt keinen Anlass, der Öffentlichkeit die Gründe vorzuenthalten. Die behandelnden Ärzte der Kanzlerin sollten eine Pressekonferenz abhalten und ihre entsprechende Diagnose bekanntgeben, damit die Spekulationen ein Ende haben und jeder weiß, dass - und wieso - man sich um den Zustand der deutschen Regierungschefin keine Sorgen machen muss.
Oder aber Merkels Tremor hat gravierende gesundheitliche Ursachen und ihm liegt eine neurologische oder gar neurodegenerative Störung, Parkinson oder gar eine Prionenerkrankung wie Kuru zugrunde. Dann hat die Öffentlichkeit erst recht Anspruch darauf, die genauen Gründe zu erfahren; die Resultate einer entsprechenden amtsärztlichen Expertise wären sofort vorzulegen.
Denn welche ernste Krankheit es auch sei: Bundeskanzlerin könnte Merkel in einem derart angeschlagenen Zustand dann nicht länger sein. Sie sollte dann augenblicklich ihr Amt zur Verfügung stellen oder zumindest einen eindeutigen Rücktrittstermin benennen.
Was die deutsche Kanzlerin hier stattdessen vollführt, ist dasselbe planlose, verzweifelte Festklammern an der Macht, an einem um jeden Preis beizubehaltenden Status Quo, den sie auch in ihrer Amtsführung an den Tag legt: Fehler werden nicht eingeräumt, sondern bis zum Erbrechen geleugnet. Stoisch und stur zieht sie ihren Stiefel durch, und sei es zum noch so evidenten Schaden des Landes.
Sie nimmt dabei gleichgültig in Kauf, dass nicht nur die Deutschen, sondern auch das globale Ausland in wilde Mutmaßungen verfällt und die deutsche Regierung als schwach und gehandicapt wahrgenommen wird.
Jeder Lastkraftfahrer, Lokführer oder Pilot wird freigestellt, wenn sich auch nur die leisesten Zweifel an seiner uneingeschränkten Diensttauglichkeit andeuten. Aber für die deutsche Regierungschefin, die die politische Verantwortung für 83 Millionen Menschen trägt, sollen keine vergleichbaren Vorsichtsmaßnahmen gelten?
Stattdessen wird auf die „ärztliche Verschwiegenheit“ verwiesen und ihre mögliche Krankheit zur Privatsache erklärt, während die Öffentlichkeit mit medizinischen Kaffeesatzlesereien und Ferndiagnosen von allerlei selbsternannten Experten ruhiggestellt wird. Der eine schwadroniert da von Belastungsstörungen, der andere von Arthrose, wieder einer von Übermüdung.
Laut grübeln sie darüber, was Merkels eigene – wie gewohnt dürre und wirre - Statements zu ihrem Zittern („bin in einem Verarbeitungsprozess“) wohl bedeuten mögen: Rezidivierende situative Ängste, vor allem beim Abspielen der deutschen Hymne? Wetterfühligkeit? Aufarbeitung privater Sorgen?
Und alle sind sie sich, im Konzert mit ergebenen TV-Journalisten bei ARDZDFRTLNTV, rücksichtsvoll darin einig, dass diese Frau ja eine so ungeheuerliche Bürde für das deutsche Volk trägt, sich so „übermenschlich“ aufopfert, ein so „beeindruckendes“ Arbeitspensum absolviert, dass es schon an ein Wunder grenzt, wie lange sie durchgehalten hat.
Wer soviel Großes tut und soviel „schaffen“ will, der darf also ruhig auch mal zittern? Ganz sicher nicht. Die Gesundheit einer deutschen Bundeskanzlerin ist eben keine Privatsache.
Augenblicklich sollte der Bundespräsident die Regierungschefin auffordern, ein ärztliches Bulletin über ihren Zustand zu veröffentlichen. Dem Negativbeispiel von Francois Mitterand, der als Präsident zwei volle Amtszeiten die französische Öffentlichkeit über seinen desolaten Gesundheitszustand und seine bereits vor Amtsantritt diagnostizierte Krebserkrankung täuschte und aus seiner Krankenakte ein Staatsgeheimnis machte, müssen wir in Deutschland sicherlich nicht folgen.
Merkel hat sich durch ihre planlose, widersprüchliche, konzeptlose und opportunistische Politik längst zur verhängnisvollsten und unrühmlichsten Kanzlerfigur in der Geschichte der Bundesrepublik gemausert. Diesen Ehrenrang nimmt ihr niemand mehr.
Die demographischen und soziologischen Folgen ihres Tuns und Nichttuns werden Deutschland noch in Generationen belasten. Sie war nie wirklich geeignet für dieses Amt, sondern kam dazu, als einstige Quotenfrau, wie die Jungfrau zum Kind. Letztlich verdankt sie es alleine der historisch einmaligen Krisenlage nach Kohls Demontage - und ihrem Machtinstinkt aus purem Selbstzweck. Insofern verwundert heute ihr öffentlicher Umgang mit ihrem privaten „Zittergate“ nicht wirklich: Sich Problemen offen zu stellen, dazu fehlt ihr jede Größe.