Der Mittelmeerbeauftragte der Internationalen Organisation für Migration (IOM), Federico Soda, hat Forderungen zurückgewiesen, wonach die EU eine halbe Million Migranten aus Libyen aufzunehmen habe.
"Nicht alle der 650.000 Migranten, die sich derzeit in Libyen aufhalten, wollen nach Europa", sagte Soda der "Welt" (Montagsausgabe). "Es sind auch nicht alle solch akuten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, wie wir sie in den Haftzentren vorfinden."
Die deutsche Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete hatte jüngst davon gesprochen, "eine halbe Million Menschen" aus Libyen "rausholen" zu müssen. Die IOM gehe davon aus, dass "ein paar Zehntausend Migranten in Libyen Anrecht auf internationalen Schutz haben", sagte Soda. Diese müssten "schnell evakuiert" werden. Die Evakuierung müsse allerdings nicht ausschließlich nach Europa erfolgen.
"Auch andere Länder haben Hilfe angeboten, zum Beispiel Kanada." Soda kritisierte die "katastrophalen" Bedingungen in den libyschen Haftzentren für Migranten. "Die Menschen sind auf engstem Raum zusammengepfercht, es gibt keinen Zugang zu sanitären Anlagen, keine medizinische Betreuung. Wer einmal drin ist, kommt nicht wieder raus – es sei denn, er zahlt für den Weg nach draußen."
Die Ausbeutung der Menschen sei "ein Geschäftsmodell für einige der Milizen im Land". Auch um anderen Migranten in Libyen müsse sich die internationale Gemeinschaft kümmern, sagte Soda. "Es ist notwendig, dass die Menschen mit Dokumenten ausgestattet werden, damit sie ein Mindestmaß an Sicherheit haben." Sobald sich die Situation in Libyen befriede, könnten viele von ihnen wieder Arbeit vor Ort finden.
Foto: Bootsflüchtlinge im Mittelmeer (Archiv), Marina Militare, über dts Nachrichtenagentur