Rund 650.000 Menschen haben nach Schätzungen in Deutschland keine eigene Wohnung. Die meisten von ihnen leben in Notunterkünften, etwa 48.000 sind gänzlich obdachlos und leben auf der Straße.
Das geht aus bisher nicht veröffentlichten, aktuellen Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) für das gesamte Jahr 2017 hervor, über die die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagausgaben) berichten.
Unter den Wohnungslosen sind demnach allein 375.000 anerkannte Asylsuchende in Flüchtlingsunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländer. Nimmt man die Geflüchteten aus der Zählung, waren 2017 gut 275.000 Menschen ohne Wohnung in Deutschland. Von diesen 275.000 Personen sind laut BAGW mehr als 70 Prozent ohne Wohnung alleinstehend.
Nur 30 Prozent leben mit Partnern und in einigen Fällen auch mit Kindern in Notunterkünften oder auf der Straße. Die Arbeitsgemeinschaft schätzt die Zahl der Kinder und Jugendlichen unter den Wohnungslosen auf acht Prozent, 2017 waren es in ganz Deutschland 22.000 junge Menschen. Die meisten der 275.000 Wohnungslosen ohne Fluchthintergrund sind Männer, ein Viertel sind Frauen. Unter den rund 48.000 Obdachlosen, die nicht in einer Wohnunterkunft des Staates leben, sondern auf der Straße schlafen, sind viele Menschen aus anderen EU-Staaten, vor allem aus Osteuropa.
Die "Straßenobdachlosigkeit" sei stark durch die Zuwanderung aus EU-Ländern nach Deutschland geprägt, schreibt die BAGW in ihrer Analyse der aktuellen Zahlen. Die Studie wird an diesem Dienstag in Berlin vorgestellt. Die BAGW hat für das Jahr 2017 ihre Methode der Schätzungen erneuert und hält die Angaben jetzt für präziser. Die neue Schätzung korrigiert die Zahlen der Wohnungslosen für ganz Deutschland damit deutlich nach unten - um 210.000 Personen im Vergleich zum Vorjahr.
"Dies entspricht nicht einem tatsächlichen Rückgang der Wohnungslosenzahlen in Deutschland, sondern ist ausschließlich dem deutlich verbesserten neuem Schätzmodell zuzuschreiben", so Werena Rosenke, Geschäftsführerin der BAGW. Es sei davon auszugehen, "dass in Deutschland insgesamt die Wohnungslosenzahlen um ca. 15 bis 20 Prozent von 2016 nach 2017 angestiegen sind - allerdings auf insgesamt niedrigerem Niveau".
Im Kampf gegen Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit forderte Rosenke, dass ein bestimmter Anteil sozial gebundener Wohnungen ausdrücklich für Wohnungslose bereitgestellt werde. Nach Angaben der BAGW fehlt für eine steigende Zahl an Menschen, die wenig verdienen oder von staatlichen Leistungen leben müssen, bezahlbarer Wohnraum. "Benötigt werden pro Jahr 80.000 bis 100.000 neue Sozialwohnungen und weitere 100.000 bezahlbare Wohnungen", schreibt der Verein in einer Bewertung der aktuellen Zahlen.
Foto: Bettlerin, über dts Nachrichtenagentur