Sanktionen gegen unkooperative Hartz-IV-Bezieher sind teilweise nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Das geht aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dienstag hervor. Demnach sind Kürzungen bei Pflichtverletzungen nur bis maximal 30 Prozent des Regelsatzes verfassungskonform.
Sanktionen für Hartz-IV-Bezieher an sich sind aber mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Gesetzgeber könne Beziehern von Arbeitslosengeld II auch zumutbare Mitwirkungspflichten zur Überwindung der eigenen Bedürftigkeit auferlegen, und dürfe die Verletzung solcher Pflichten sanktionieren, indem er vorübergehend staatliche Leistungen entziehe, so die Karlsruher Richter.
Aufgrund der dadurch entstehenden "außerordentlichen Belastung" würden hierfür allerdings "strenge Anforderungen der Verhältnismäßigkeit" gelten. Der sonst weite Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers sei hier beschränkt. Bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung durch den Gesetzgeber soll die Leistungsminderung in Höhe von 30 Prozent mit der Maßgabe anwendbar bleiben, dass eine Sanktionierung nicht erfolgen muss, wenn dies im konkreten Einzelfall zu einer "außergewöhnlichen Härte" führen würde, so die Verfassungsrichter weiter.
Es wird erwartet, dass das Urteil weitreichende Folgen haben wird. Konkret ging es in dem Prozess um eine Vorlage des Sozialgerichts Gotha, welches die Sanktionen für verfassungswidrig hielt. Zudem ging es nur um Sanktionen für über 25-Jährige. Ein arbeitsloser Mann aus Erfurt hatte geklagt. Das Sozialgericht beanstandete, dass mit den Kürzungen des Arbeitslosengelds II in das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum eingegriffen werde.
Auch gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit werde verstoßen. Das Hartz-IV-Sanktionssystem sah bei über 25-Jährigen bei Pflichtverletzungen bisher gestufte Kürzungen des Regelsatzes für ein Vierteljahr um 30, 60 und 100 Prozent vor. Bei Meldeverstößen wird der Regelsatz für drei Monate um zehn Prozent gemindert. Bei unter 25-Jährigen wird der Regelsatz bereits früher komplett gestrichen. Zu Pflichtverletzungen zählen unter anderem die Verweigerung der Annahme einen Jobangebots oder der Abbruch einer Ausbildung.
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