Die Fraktionsspitze der Linkspartei geht auf Distanz zu Parteichef Bernd Riexinger: Dieser hatte auf einem Strategietreffen der Linkspartei in Kassel am Sonntag über Zwangsarbeit für Reiche gescherzt und ruderte später zurück.
"Die am Wochenende getätigten Äußerungen sind inakzeptabel und hätten nicht lächelnd übergangen werden dürfen. Klarstellung und Entschuldigung unmittelbar wären notwendig gewesen", teilten die Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch in einer gemeinsamen Erklärung der "Welt" (Donnerstagsausgabe) mit.
Man lehne "jeden Aufruf zu Gewalt entschieden ab. Wer Menschen erschießen will oder Späße über Zwangsarbeit macht, verlässt den gemeinsamen Wertekanon."
Doch nicht alle Linken teilen die Kritik und gehen stattdessen zum Gegenangriff über. "Wenn ich von einem `Erschießungsskandal` in Kassel höre, dann fällt mir zu diesem Stichpunkt erst einmal der NSU-Mord an Halit Yozgat in einem Kasseler Internetcafé in Anwesenheit eines Verfassungsschutzagenten und dann die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke durch einen polizeibekannten Neonazi ein", sagte die innenpolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke, der Zeitung.
In einer "überspitzten Äußerung einer Genossin, die sich so über Revolutionsfantasien einiger Linker lustig machen wollte", könne sie "keinen Erschießungsskandal" erkennen. Denn die Linkspartei schieße "nur mit Worten scharf, nicht mit Waffen".
Riexinger habe durch seinen nachgeschobenen Witz deutlich gemacht, dass es sich bei den vorherigen Äußerungen um eine "satirische Formulierung" gehandelt habe, so die Linken-Politikerin weiter. "Seine nachträgliche Entschuldigung halte ich für unnötig. Denn wer wirklich die antikommunistischen Ammenmärchen glaubt, die Linkspartei wolle Erschießungen oder Zwangsarbeit für Reiche, der wird sich durch eine Entschuldigung auch nicht überzeugen lassen", sagte Jelpke der "Welt".
Auch der Linken-Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler nutzte die Diskussion um Riexinger, um auf die politische Konkurrenz loszugehen: Riexinger habe klargestellt, dass der Kommentar der Diskussionsteilnehmerin falsch gewesen sei und seinen eigenen Kommentar "sehr bedauert", sagte Schindler.
So viel Einsicht wünsche er sich jedoch auch von anderen Politikern wie etwa Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der sich für seinen Satz "Wir werden uns gegen Zuwanderung in deutsche Sozialsysteme wehren - bis zur letzten Patrone" bis heute nicht entschuldigt habe, so der Linken-Bundesgeschäftsführer.
Foto: Linkspartei-Logo auf Parteitag, über dts Nachrichtenagentur