Die FDP warnt, der Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus dürfe nicht zu unverhältnismäßigen Einschränkungen der Bürgerrechte führen.
"In der Corona-Krise dürfen wichtige Bürgerrechte nicht vollends unter die Räder geraten", sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Donnerstagsausgaben). "Ich warne davor, sich ganz und gar von der Verunsicherung treiben zu lassen", fügte er hinzu.
"Gerade in der Krise muss sich jeder Eingriff daran messen lassen, ob er wirksam und verhältnismäßig ist." Konkret kritisierte Thomae weitreichende Grenzschließungen. Der FDP-Politiker, der im Fraktionsvorstand für Innen- und Rechtspolitik zuständig ist, sagte: "Ich meine nicht, dass Grenzschließungen wirklich dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen."
Die Aufgabe der europäischen Staaten sei, sich schnell gemeinsam auf Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus zu einigen. "Dann sind Grenzschließungen innerhalb Europas überhaupt nicht notwendig."
Thomae befand: "Grenzschließungen sind ein Placebo, mit dem Handlungsfähigkeit vorgetäuscht wird." Im Zuge der Corona-Krise hatte Deutschland umfassende Kontrollen und Einreiseverbote an den Grenzen zur Schweiz, Österreich, Frankreich, Luxemburg und Dänemark eingeführt. Der Warenverkehr soll aber weiter fließen, auch Berufspendler dürfen passieren.
Thomae warnte aber vor langen Staus an den Übergangen durch die Kontrollen. Die Lieferketten seien bedroht. Große
Herausforderungen sieht Thomae der FDP-Fraktionsvize beim Datenschutz. Er verwies darauf, dass das Robert-Koch-Institut von der Deutschen Telekom kostenlos anonymisierte Bewegungsdaten von Handy-Nutzern erhalten hat – damit es den Erfolg von Maßnahmen gegen die Coronavirus-Ausbreitung einschätzen kann.
Die Daten sollen zeigen, ob die Mobilität der Bevölkerung nachgelassen hat. "Ich warne davor, dass wir den Datenschutz jetzt völlig aufgeben", sagte Thomae. "Wenn die Telekom Bewegungsdaten anonymisiert ans Robert-Koch-Institut weitergibt, scheint das harmlos. Es darf aber keinesfalls dazu kommen, dass dann doch eine Rückverfolgung ermöglicht wird", sagte er.
Der Wirkmechanismus in der gesellschaftlichen Debatte sei immer derselbe. "Es wird der Ruf laut: Wenn wir Daten für das eine weitergeben, dann warum nicht auch für andere Zwecke? Der nächste Vorwand ist dann die Verfolgung von Straftaten, danach jegliche Gefahrenbekämpfung."
Lob fand der FDP-Politiker für die Initiative von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), die angesichts der Pandemie per Gesetz verhindern will, dass Strafprozesse platzen, weil sie zu lange unterbrochen werden müssen. "Der Vorstoß von Justizministerin Christine Lambrecht, eine längere Unterbrechung von Strafprozessen zu ermöglichen, ist richtig", sagte Thomae. Der Rechtsstaat müsse handlungsfähig bleiben. "Hier ist Eile geboten."
Foto: FDP-Logo, über dts Nachrichtenagentur