Der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, hat vor einer Radikalisierung der Corona-Proteste gewarnt.
Die rechtsextremistische Szene werde in Bezug auf das Thema "Corona" "derzeit deutlich aktiver", sagte Kramer dem "Handelsblatt" (Montagausgabe). "Beschränkten sich die Aktivitäten bislang überwiegend in sozialen Netzwerken auf Kritik an der Bundesregierung oder staatlichen Institutionen, Schuldzuweisungen für die Corona-Pandemie an Ausländer, vorwiegend Asiaten, sowie die Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Werte in unserem Staat, sind nunmehr deutlich konkretere Ansätze für eine völkisch-nationale Revolution erkennbar."
Das Virus werde als "Chance für den Zusammenbruch des globalisierten Liberalismus und der Demokratie gesehen", erläuterte Kramer.
Dies bedeute, dass insbesondere rechtsextremistische Parteien wie die NPD, "Die Rechte" und "Der dritte Weg" versuchten, sich unter dem Vorwand der Proteste gegen die Corona-Beschränkungen einen breiteren Anschluss an die Gesellschaft zu verschaffen.
"Einige spielen sich auch erfolgreich als Kümmerer in der Nachbarschaftshilfe auf oder starten Dankes-Aktionen für Krisenpersonal, um so an Kontakte zu gelangen und das Gefühl der Wertschätzung für sich zu nutzen", so Kramer. "Es werden aber auch vereinzelt gezielte Attentate und Anschläge zur weiteren Schwächung des Systems diskutiert."
Bisher gelinge es aber nur, einen begrenzten Teilnehmerkreis dafür zu mobilisieren. Auch die AfD sei mit Aufrufen zu Spaziergängen und ähnlichen Versammlungen dabei, das Corona-Thema für sich zu nutzen. Laut Kramer legt der Inlandsgeheimdienst einen besonderen Fokus auf die bisher sichtbaren Versuche von Extremisten, die legitimen Bürgerproteste zu unterwandern und maßgeblich zu instrumentalisieren.
"Unser Beobachtungsauftrag konzentriert sich dabei ausschließlich auf die Extremisten", betonte der Thüringer Behördenchef. "Ich teile die Sorge ausdrücklich, dass die Gefahr besteht, dass wir eine analoge Entwicklung und damit auch einhergehende Radikalisierung, wie seinerzeit in der sogenannten Flüchtlingskrise erleben könnten."
Foto: Polizisten führen eine Festnahme durch, über dts Nachrichtenagentur