Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko) am Robert-Koch-Institut rechnet damit, dass eine umfassende Impfung der Bevölkerung gegen das Coronavirus bis ins Jahr 2022 dauern wird: "Auch wenn es bald Impfstoffe gibt, wird die Impfung der gesamten Bevölkerung Ende 2021 meines Erachtens noch nicht abgeschlossen sein", sagte der Virologe Thomas Mertens den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben).
"Es wird längere Zeit dauern, bis wir durch die Impfung eine spürbare Veränderung des Infektionsgeschehens sehen werden, dass wir sagen können, jetzt kann wieder Ruhe einkehren." Wenn man etwa pro Tag 100.000 Menschen impfen würde, was bereits eine Herausforderung sei, brauche man 150 Tage, um 15 Millionen Menschen zu impfen.
Der Stiko-Vorsitzende warnte ausdrücklich davor, den Beginn der Impfungen zu überstürzen. "Der Start der Impfungen darf nicht übereilt passieren: Es kommt nicht darauf an, vier Wochen früher oder später mit dem Impfen anzufangen."
Alles müsse gut vorbereitet sein. Vor allem Transport und Lagerung, die Einrichtung der regionalen Impfzentren und die bundesweit zeitgleiche Dokumentation der Impfungen, aber auch die Auswertung der Sicherheitsaspekte und des medizinischen Impferfolgs. Mertens rechnet zudem damit, dass es angesichts eines zunächst knappen Impfstoffs Konflikte geben werde.
Es werde nicht nur "zu Diskussionen um die gerechte Zuteilung" kommen. "Es kann auch sein, dass einzelne, die nicht gleich zum Zuge kommen, dagegen klagen werden." Wie Mertens ankündigte, sollen die ethischen Rahmenbedingungen für eine Priorisierung eines möglichen Impfstoffs Anfang nächster Woche veröffentlicht werden.
Nach intensiven Diskussionen unter den beteiligten Experten der Stiko, des Deutschen Ethikrats und der Leopoldina würden Ende dieser Woche die Beratungen abgeschlossen. "Wir werden die Rahmenbedingungen für eine Empfehlung zu einem Vorgehen bei einer Priorisierung von Impfstoffen Anfang nächster Woche vorstellen", so Mertens.
Laut Bundesgesundheitsministerium sollen zunächst so genannte "vulnerable" Gruppen geimpft werden, also Personen mit hohem Gesundheitsrisiko. Mertens mahnte darüber hinaus eine kluge Information der Bevölkerung an. "Entscheidend für eine möglichst große Akzeptanz der Impfstoffverteilung in der Bevölkerung wird eine gute Kommunikation sein."
Die Informations-Kampagne müsse zielgenau sein und jede Bildungsschicht und jede Altersgruppe erreichen. "Wir dürfen kein Fachchinesisch reden und müssen gerade die Jüngeren auch über Apps oder soziale Medien ansprechen", so der Virologe.
Foto: Mann mit Atemschutzmaske, über dts Nachrichtenagentur