Putin zeigt sich in einer neuen Ansprache am Montagabend eher zurückhaltend. Sind seine Tage gezählt? Der Chef der Wagner-Truppe Prigoschin gibt sich selbstbewußt. Die Lage in Russland ist unübersichtlich. Michael Mross im Expertengespräch.
Putins Rede
Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich am Abend in einer Rede an die Nation gewandt und bei den Kommandeuren und Kämpfern der Wagner-Gruppe dafür bedankt, kein "brudermörderisches Blutvergießen" begonnen zu haben. Die Beteiligten hätten ihren tragischen Fehler erkannt: "Heute haben sie die Möglichkeit, Russland weiterhin zu dienen, indem sie einen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium unterzeichnen oder zu anderen Strafverfolgungsbehörden zurückkehren oder zu ihren Verwandten und Freunden", sagte Putin in seiner Fernsehansprache. "Wer möchte, kann auch nach Weißrussland gehen. Mein Versprechen wird erfüllt."
Er habe festgestellt, dass die überwiegende Mehrheit der Kämpfer und Kommandeure der Wagner-Gruppe aus russischen Patrioten bestehe, die ihrem Staat und ihrer Bevölkerung ergeben seien. "Deshalb wurden von Beginn der Ereignisse an auf meine direkte Anweisung hin Maßnahmen ergriffen, um großes Blutvergießen zu vermeiden", so Putin.
Die Behörden hätten die richtigen und notwendigen Entscheidungen getroffen, um die "entstandene Bedrohung zu neutralisieren, die verfassungsmäßige Ordnung, das Leben und die Sicherheit der Russen zu schützen". Dank gebühre zudem denjenigen Piloten der Luftwaffe, die im Zuge der Kampfhandlungen mit den Aufständischen am Samstag getötet worden sind, sie seien Helden. Über den Chef der Wagner-Gruppe Jewgeni Prigoschin verlor Putin kein Wort. Der hatte in einer ersten Stellungnahme nach dem abgebrochenen Vormarsch auf Moskau abgestritten, einen Regimewechsel angestrebt zu haben.
Prigoschin Ansprache
Prigoschin hatte sich erstmals seit Ende des 36-Stunden-Aufstands wieder zu Wort gemeldet – und sich dabei selbstbewusst gegeben. In einer elfminütigen Sprachnachricht dementierte er, einen Machtwechsel in Moskau angestrebt zu haben. "Wir sind losgegangen, um Protest zu demonstrieren, nicht um die Obrigkeit im Land zu stürzen", sagte Prigoschin auf einer von seinem Pressedienst auf Telegram verbreiteten Sprachnachricht. Seine Truppe sei durch eine Intrige kurz vor der Auflösung gewesen. Ziel des Marsches sei es gewesen, das zu verhindern.
Einmal mehr wiederholte er seinen Vorwurf gegen das russische Verteidigungsministerium, Militärlager der Söldner am vergangenen Freitag beschossen zu haben. Dabei wurden nach seinen Angaben 30 Wagner-Kämpfer getötet.
Prigoschin, der lange als Vertrauter von Putin galt, räumte ein, dass der Vormarsch Tote gefordert hatte. "Während unseres Marsches wurde kein einziger Soldat auf dem Boden getötet. Wir bedauern, dass wir gezwungen waren, Flugobjekte abzuschießen – aber das deshalb, weil sie uns bombardiert haben", sagte er.
Michael Mross im Gespräch mit Andreas Männicke von East Stock Trends:
Zur Webseite von Andreas Männicke: https://www.eaststock.de/