Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat der Bundesregierung und dem Bundestag vorgeworfen, die Lösung der rechtlichen Probleme der Migration versäumt zu haben. "Die rechtlichen Probleme, die mit der Zuwanderung der letzten Jahre offenkundig geworden sind, sind nicht gelöst worden. Leider", sagte Papier der "Welt" (Montagsausgabe).
Der derzeitige Prozess des Asylverfahrens sei "offenkundig dysfunktional und nicht tragbar". Zurzeit versuche die Politik, die Probleme dadurch zu lösen, "dass man sie in das Nicht-EU-Ausland verlagert, also Abkommen mit Ländern wie der Türkei oder in Afrika trifft, um Einreisen in das EU-Gebiet zu verhindern", sagte Papier.
Türöffner für illegale Einwanderung
Das könne zwar sinnvoll sein, doch zur Lösung der Migrationsproblematik gehöre "auch die zukunftsorientierte Gestaltung der eigenen Rechtslage - und dies wurde bislang im Wesentlichen versäumt". Papier verlangte, es müsse sichergestellt werden, "dass das Asylrecht nicht länger zweckentfremdet werden kann als Türöffner für eine illegale Einwanderung - und zwar von Personen, die ersichtlich kein Individualrecht auf Asyl in Deutschland oder der EU haben".
Durch klare Regelungen müsse die Praxis beendet werden, "nach der jedermann auf der Welt mit der bloßen Erklärung, einen Asylantrag stellen zu wollen, ein Einreise- und damit faktisch ein Aufenthaltsrecht von nicht absehbarer Dauer erhält - das aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten einer späteren Abschiebung dann vielfach kaum mehr zu beenden ist". Das könne ein Rechtsstaat nicht hinnehmen.
Der Rechtswissenschaftler schlug vor, die Verfahren auf Gewährung von Asyl und subsidiären Schutz von vornherein auf Personen zu beschränken, "für die das Asylverfahren gedacht ist und für die ein Schutz vor politischer Verfolgung oder auf subsidiären Schutz überhaupt in Betracht kommen kann".
Darüber müsse bereits vor der Einreise und dem Grenzübertritt entschieden werden. Außerdem sei ein Einwanderungsgesetz für Migranten erforderlich, deren Einreise "gerade auch im Interesse dieses Landes selbst erfolgt".
Foto: Flüchtlinge an einer Aufnahmestelle, über dts Nachrichtenagentur