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Immobilien: Sorglos in die nächste Blase?


Lieber Investor,

sie werden liebevoll Betongold genannt und sie sind der Traum vieler Deutscher. Aber der verständliche Wunsch, die eigenen vier Wände als Eigentumswohnung oder Haus erwerben zu wollen, wird immer schwerer realisierbar. Die Preise für Immobilien steigen seit Jahren und sie steigen insbesondere in den Städten und Ballungsgebieten in einer Weise, die den Traum für viele Normalverdiener unerschwinglich werden lässt.

Begünstigt wird er momentan nur von zwei Aspekten. Die Kreditzinsen sind so niedrig wie nie zuvor und die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist ausgesprochen gut. Auch wenn die Zinsen in den letzten Monaten leicht angezogen haben, sind die Darlehen immer noch deutlich preiswerter als früher. Sie erlauben Immobilienkredite in einer Höhe aufzunehmen, die noch vor Jahren undenkbar gewesen wäre.

Auf dem Land und in den kleineren Städten ist die Lage noch nicht so angespannt wie in den Metropolen, doch die Anzeichen, die auf eine Blasenbildung am deutschen Immobilienmarkt hinweisen, verdichten sich. Ein wesentliches Kriterium für eine Blase ist, dass die Marktteilnehmer sich nicht mehr vorstellen können, dass die Preise die Gegenrichtung einschlagen und in näherer oder fernerer Zukunft auch wieder fallen könnten.

Dieser Zustand ist in Deutschland inzwischen gegeben, denn die Masse der Deutschen erwartet auch für die Zukunft weiter steigende Immobilienpreise. Damit ist der Boden für eine Übertreibung des Marktes gelegt, denn es fehlt das natürliche Korrektiv der Kaufzurückhaltung in der Hoffnung auf zumindest kurzfristige Preisrückgänge.

Spekulationslust und unvorsichtige Finanzierung

Eine kürzlich veröffentlichte Studie der ING DiBa ermittelte, dass sich nur noch vier Prozent der Befragten einen Preisrückgang vorstellen können. Dieser Preisrückgang wird zudem nur als ein leichter Rückgang erwartet. Eine handfeste Korrektur oder gar einen crashartigen Preisverfall hat niemand auf der Agenda.

Die vergangenen Jahre haben so bewusstseinsverändernd gewirkt, dass heute nur noch ein Drittel der Deutschen überhaupt das Argument anerkennt, dass die Preise für Häuser und Wohnungen grundsätzlich fallen können. Vor einem Jahr war sich noch etwas mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent) dieses Risikos bewusst.

Die Erinnerung daran, dass die Finanzkrise durch die Subprimekredite als Krise auf dem US-Immobilienmarkt entstanden ist, verblasst zunehmend. Schon 2016 hat die Bundesbank vor einer Überhitzung des Immobilienmarkts in einzelnen Städten gewarnt. Nun erscheint ein Problem auf dem Radar, das tiefere Ursachen hat. Dringt die Annahme beständig steigender Preise in das Unterbewusstsein der Verbraucher vor, steigt auch die Bereitschaft, sich für den Kauf eines Hauses oder einer Wohnung zu verschulden.

Ein starker Anstieg der privaten Hypothekenkredite ist zwar noch nicht zu beobachten, insofern kann noch nicht von einer klassischen Spekulationsblase gesprochen werden, doch der psychologische Grundstein ist längst gelegt. Er wirkt unter der Oberfläche fort, mit jedem Tag, den die Immobilienpreise nicht fallen.

Bezahlbare Wohnungen sind Mangelware

Es liegt nicht allein an den Flüchtlingen, dass bezahlbare Wohnungen in Deutschland nur noch schwer zu finden sind. In den letzten zehn Jahren haben sich die Preise für Alt- und Neubauwohnungen bundesweit nach dem von der Firma ImmobilienScout24 erstellten Immobilienpreisindex um 70 Prozent erhöht. Wer in den Metropolen, Berlin, Hamburg oder München ein Eigenheim erwerben wollte, war mit noch höheren Preissteigerungsraten konfrontiert. In Berlin beispielsweise kosten Neubauwohnungen heute 90 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Altbauwohnungen haben sich sogar um 159 Prozent verteuert und ein Ende der Preisspirale ist in der Hauptstadt nicht in Sicht.

Selbst wenn man der Hauptstadt nach den langen Jahren der Teilung immer noch ein gewisses Nachholpotential unterstellt, so ist dieser steile Anstieg dennoch nicht gerechtfertigt, denn er übersteigt den Anstieg des allgemeinen Wohlstandsniveaus. In den letzten zehn Jahren sind die Löhne und Gehälter der Berliner nur um 19 Prozent gestiegen. Auch liegen die durchschnittlichen Einkommen in Berlin nicht so weit über dem Bundesdurchschnitt, dass derartige Immobilienpreisanstiege gerechtfertigt wären.

Soll ein Preisanstieg nachhaltig sein, so muss er eine gewisse Breite haben. Es müssen ihn sich nicht nur einige Wenige, sondern die Masse der Allgemeinheit leisten können. Das ist in Berlin kaum mehr der Fall. Hier liegt das Medianeinkommen eines Haushalts mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern bei 3.230 Euro im Monat. Der Median ist nicht das Durchschnittseinkommen der Berliner, sondern besagt, dass die Hälfte der Einwohner über während die andere Hälfte unter diesem Wert liegt.

Das verfügbare Einkommen der Berliner liegt mit knapp über 19.000 Euro pro Kopf im Jahr deutlich unter den 23.500 Euro, die beispielsweise im Flächenland Baden-Würtemberg mit seinen auch ländlichen Regionen erzielt werden. Trotzdem kostet der Quadratmeter Neubau in Berlin im Moment 3.895 Euro. Vor zehn Jahren waren es nur 2.049 Euro. Für den Durchschnittsberliner bedeutet diese Verteuerung, dass er sich heute nur noch 49 Quadratmeter Wohnfläche leisten kann, während es vor zehn Jahren noch 83 Quadratmeter waren.

Der Mietmarkt spiegelt die Entwicklung

Berlin ist eine Stadt der Mieter. Doch auch sie spüren den Preisanstieg. In Berlin verteuerten sich die Mieten in den letzten zehn Jahren um 71,9 Prozent, während in München der Mietindex um 51,2 Prozent und in Hamburg um 41,9 Prozent anzog. Aus ökonomischen Gesichtspunkten ist interessant, dass in allen Metropolen die Preise für die Immobilien schneller steigen als die Mieten. Die für die Vermieter zu erzielenden Renditen werden somit geringer. Auch das ist ein typisches Phänomen von Blasen.

Wenn man nun noch bedenkt, dass die Arbeitslosigkeit auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung gesunken ist und dank der guten Beschäftigungssituation viele Kreditnehmer angeben, dass es ihnen derzeit leicht falle, ihre Hypotheken abzuzahlen, werden die Gefahren für den deutschen Immobilienmarkt schnell deutlich.

Der Euro ist in diesem Jahr stark gestiegen. Das deutet auf höhere Zinsen und eine schwierigere Situation für die deutsche Exportindustrie auf dem Weltmarkt hin. Kommen beide Entwicklungen zusammen, kann sich die Situation für Selbstnutzer, Mieter und Vermieter sehr schnell ganz anders darstellen und aus dem Traum von den eigenen vier Wänden wird ein finanzieller Albtraum, der nicht mehr zu finanzieren ist.

Ein Beitrag von Dr. Bernd Heim.

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