Das Ausland gibt immer mehr den Deutschen die Schuld an der Euro-Krise. Mit den Eurobonds solle nun die deutsche Herrschaft über Europa zementiert werden. Britische "Daily Mail" titelt: "Rise Of The Fourth Reich". - Eine unheilvolle Entwicklung nimmt ihren Lauf.
von Michael Mross
Die Krise um den Euro wird zunehmend eine politische Krise. Die Menschen auf der Strasse erkennen nicht, dass die Krise ein zwangsläufiger Prozess des Geldsystems ist. Ursache und Wirkung wird auf den Kopf gestellt, und immer mehr Medien schüren den Hass auf die Deutschen: Am Ende sind nicht die Staaten schuld, die 10 Jahre lang eine unverantwortliche Schuldenparty veranstaltet haben sondern jene, die nun das Geld verweigern oder weitere Zahlungen an Bedingungen knüpfen. Und dieser schuldige ist schnell gefunden: Deutschland.
Deutschland-Bashing hat in Großbritannien Tradition. Doch das britische Boulevard-Blatt "Daily Mail" eröffnet mit einem Nazivergleich eine neue Dimension, welche vom "Mann auf der Straße" schnell nachvollzogen wird: Was die Deutschen mit ihren Kriegen nicht geschafft haben, schaffen sie jetzt mit ihrer Geldmacht. So titelt die "Daily Mail": "RISE OF THE FOURTH REICH" (im Blatt selber noch eine weit dramatischere Aufmachung als im Internet) - und rührt in alten Ressentiments, ohne eine echte Analyse Zwischen Ursache und Wirkung:
„Wo Hitler mit seinen militärischen Mitteln versagte, sind die modernen Deutschen erfolgreich, durch Handel und Finanzdisziplin. Willkommen im Vierten Reich”
Damit geht die Eurokrise nun in weitere Dimension. Die Menschen verstehen die hochkomplexen Zusammenhänge nicht. Die überschuldeten Staaten sehen keineswegs, dass sie selbst die Katastrophe verursacht haben. Für sie ist nur eines klar: Die Deutschen sollen zahlen, bedingungslos. Tun sie es nicht, trifft sie die Schuld am Untergang.
Jeder Versuch, Disziplin in die Haushalte hineinzubringen, ist natürlich pikant, weil es ein Eingriff in nationale Hoheitsrechte ist. Das kratzt zusätzlich am nationalen Selbstbewusstsein. Und in diesem Zusammenhang wird dann schnell wieder die entsprechende Karte gezogen: Nazideutschland.
Wenn Sparmaßnahmen in der Südschiene durchgeführt werden und die Leute ärmer werden, ist der Schuldige bald ausgemacht: Deutschland. Schon jetzt wurden auf Demos in der Südschiene gelegentlich Hakenkreuze gesehen. Ein unheilvolle Enwicklung, welche für die Zukunft nichts Gutes heisst. Und die "Daily Mail" kippt in dieser Situation noch zusätzlich Öl ins Feuer der nationalen Emotionen:
„Damit keine Zweifel aufkommen, was eine Finanzunion bedeuten würde: Eine Wirtschaftspolitik, ein Steuersystem, ein System der Sozialen Sicherheit, eine Verschuldung, eine Volkswirtschaft, ein Finanzminister. Und alles ist deutsch”
"Wenn der Euro überleben soll" - so schreibt "Daily Mail" - "dann müssen die anderen 16 Länder so sein wie die Deutschen. Sie werden sogar ihrer Freiheit beraubt, nicht so zu sein wie die Deutschen. Das bedeutet, in einer vollständigen Wirtschaftsunion bestimmen die Deutschen als mächtigste Nation und Zahlmeister die Regeln. Und diese Regeln machen sie unwiderrufbar."
Wir dürfen sehr gespannt sein, wie sich diese wirren Schuldzusweisungen in Zukunft noch auswirken werden. Doch für den Mann auf der Strasse, der nach einem einfachen plakativen Buhmann sucht, ist der Scharze Peter schnell gefunden: Berlin. Die Rechnung: Deutschland zahlt und übernimmt die Führung dürfte nicht ohne Konsequenzen bleiben. Neue rassistische und nationalistische Tendenzen werden damit die ohnehin schon zugespitzten ökonomischen Schwierigkeiten eskalieren lassen. Doch auch diese Facette der Euro-Krise war von Anfang an programmiert.
Am Ende passiert genau das Gegenteil von dem, was naive Euro-Befürworter immer so schön ausmalten: Europa wächst nicht mit dem Euro zusammen, sondern der Euro wirkt als Spaltpilz. Solange das Geld noch Strömen floss, war alles schön und gut. Jetzt, wo es zur Feuertaufe kommt, wird sich zeigen, was die Gemeinschaftswährung möglicherweise wirklich schafft: emotionale Zwietracht und irrationale Schuldzuweisungen zwischen den Völkern Europas.