BSI-Chef warnt: Mehrzahl der internetfähigen Geräte ist durch Schadsoftware infiziert. Deutschland braucht Fähigkeit zum Gegenangriff bei Cyberattacken.
Ob für Bankgeschäfte, zur geschäftlichen Kommunikation oder für die Steuerung der Heizung zuhause, das Smartphone ist für viele heute ein Multifunktionsgerät geworden. Das hat jedoch auch seine Tücken, wie Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamtes für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" deutlich macht. "Wir haben unter Umständen eine Vielzahl von Viren auf unseren Geräten, ohne dass wir es wahrnehmen", so Schönbohm. Für den Nutzer entscheidend ist nicht die Infektion selbst, sondern die Frage, ob die Schadsoftware eine Steuerung des Gerätes von außen zulasse.
Anfällig sind laut Schönbohm aber bei Weitem nicht nur Smartphone, Tablet & Co., sondern potenziell alle internetfähigen Geräte wie der der smarte Kühlschrank oder die vernetzte Heizung. "Teilweise sind die Sicherheitsvorrichtungen dort rudimentär, von daher gehe ich davon aus, dass die Mehrzahl internetfähiger Geräte durch Viren, Trojaner oder sonstige Schadsoftwarevarianten infiziert ist", so der BSI-Präsident.
Schönbohm kritisiert fehlende Standards beim Thema Sicherheit. "Wir haben extrem viele Geräte im Bereich des Internets der Dinge, die nicht sicher auf den Markt kommen", sagt er. Wenn man die Hersteller darauf anspreche, stoße man mit Hinweis auf Zeit und Geld auf Ablehnung. Eine Haftung der Hersteller für die Sicherheit ihrer Geräte werde jedoch kommen, ist sich Schönbohm sicher.
"Es ist nicht vermittelbar, dass Hersteller, Dienstanbieter oder Provider in der digitalen Welt immer auf die Komplexität des Sachverhalts verweisen und der Kunde hilflos bleibt. Aber auch der Kunde ist hier gefragt, die Verbraucher müssen IT-Sicherheit einfordern." Um ein höheres IT-Sicherheitsniveau zu erreichen, hält der BSI-Chef auch Mechanismen wie Verbandsklagen, wie sie etwa Verbraucherzentralen einreichen könnten, für hilfreich.
Deutschland braucht Fähigkeit zum Gegenangriff bei Cyberattacken
Die Bundesregierung berät derzeit über Möglichkeiten zum Gegenangriff bei Cyber-Attacken. Für Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamtes für Sicherheit und Informationstechnik (BSI), ist klar: "Ein Land der Bedeutung und Größe Deutschlands muss die Fähigkeit für einen Gegenangriff haben", sagte er im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Wann und wer sie einsetzen dürfe sei eines der Themen, die die Politik entscheiden müsse. "Technisch gesehen gibt es einige wenige Institutionen, die das können. Dazu gehört auch das BSI", so Schönbohm weiter.
Mit Blick auf Cybersicherheit sieht Schönbohm auch die Möglichkeit für Deutschland, Vorreiter beim Einsatz künstlicher Intelligenz zu werden. "Was ich bislang gesehen habe, sind gute Ansätze und viel Marketing. Wir sind aber auf einem guten Weg, in Deutschland eine Speerspitze zu sein", so der BSI-Chef. Allerdings stehe man noch ganz am Anfang. "Wir wissen, was wir tun wollen und wie das Tagewerk aussehen soll. Das wird jetzt umgesetzt, braucht aber seine Zeit."