Vor dem Prozessbeginn zu der tödlichen Messerattacke in Chemnitz vom August 2018 blickt die Oberbürgermeisterin der Stadt, Barbara Ludwig (SPD), angespannt auf das Verfahren.
"Ich hoffe, dass mit dem Prozess die Umstände der Tat öffentlich werden", sagte Ludwig der "taz" (Wochenendausgabe). "Ich hoffe aber noch mehr, für die Familie des Opfers, dass es eine Verurteilung gibt, damit die Angehörigen Ruhe finden können."
Ab Montag wird vor dem Oberlandesgericht Dresden über die Messertat verhandelt. Am 26. August 2018 war der 35-jährige Daniel H. in Chemnitz tödlich niedergestochen worden.
Es folgten wochenlange rechte Aufzüge in der Stadt, auch Übergriffe auf Migranten. Beschuldigt für den Messerangriff ist ein 23-jähriger Syrier, die Anklage lautet auf gemeinschaftlich begangenen Totschlag.
Ein weiterer Tatverdächtiger, ein Iraker, ist bis heute flüchtig. Verhandelt wird vor dem Oberlandesgericht Dresden. Ludwig äußerte sich besorgt über einen möglichen Freispruch des Angeklagten. "Dann würde es schwierig für Chemnitz", sagte Ludwig der Zeitung. "Aber so wäre der Rechtsstaat."
Politischen Druck auf das Gericht bestritt die SPD-Politikerin. "Die Justiz ist unabhängig. Und sie ist jetzt genau der Ort, wo Strafverfolgung stattfinden muss. Dort, nicht auf der Straße." Ludwig räumte ein, dass ihre Stadt bis heute nicht zur Ruhe gekommen sei.
"Es gibt die Rechten und es gibt Gräben in der Stadt. Das ist nicht zu leugnen", sagte sie der Zeitung. Aber Chemnitz sei "so viel mehr".
Zur Frage, ob die Gräben kleiner geworden seien seit dem Sommer, sagte Ludwig: "Ich könnte das jetzt einfach bejahen, aber so leicht ist es nicht. Fragen Sie mich in zwei Jahren noch mal."
Foto: Tatort in Chemnitz, über dts Nachrichtenagentur