Sri Lanka: Die unvorstellbar grausame Anschlagserie auf Kirchen und Hotels ist eine neue Eskalationsstufe. Wenn acht Bomben an verschiedenen Orten explodieren kann man eigentlich nicht mehr von einem Anschlag sprechen.
von GH
Bomben gegen Christen und Ausländer am Ostersonntag in Sri Lanka. Es ist ein Angriff in einer neuen Dimension.
Am Sonntagabend wurde am Flughafen der Hauptstadt Colombo eine weitere Bombe entschärft. Dabei habe es sich um eine Rohrbombe gehandelt, sagte der Sprecher der Luftwaffe der Onlineausgabe der lokalen „Sunday Times“. Der Airport wurde geschlossen, ein noch größeres Unglück nur knap verhindert.
Es war die 9. Bombe an einem Tag. Ist das noch Terror oder schon Krieg?
Was wird passieren, wenn die Ausgangssperre endet, welche die Behörden über Sri Lanka verhängt haben? In den Medien rückt der Horror unterdessen auf hintere Ränge. Nur keine Unruhe schüren.
Sri Lanka - bald vergessen? Sollen die Hintergründe vertuscht ewrden?
Noch ist offiziell unklar, wer genau hinter den Anschlägen steckt. Ermittler wollen nicht ausschließen, dass das Land am Ostersonntag zum Ziel von islamistischen Terroristen geworden ist. Doch Anschlagsziele und Vorgehen sprechen eine deutliche Sprache.
Acht Explosionen ereigneten sich hintereinander an verschiedenen Orten. Drei Kirchen wurden zerstört. Noch steht die Bilanz des Grauens nicht fest. Über 220 Menschen starben, mehr als 500 wurden verletzt - auch hier werden die Zahlen weiter nach oben korrigiert.
Drei Detonationen ereigneten sich während Ostergottesdiensten in Kirchen, außerdem waren drei Fünf-Sterne-Hotels in Colombo Ziel der Terrorangriffe: Das Shangri-La, Cinnamon Grand und Kingsbury. Hier sprengten sich Selbstmordattentäter in die Luft.
Auch wenn die Ermittlungen ganz am Anfang stehen und keinerlei konkrete Aussagen über die Täter oder ihren Hintergrund getroffen werden können, deute die Auswahl der Ziele auf einen islamistisch motivierten, groß angelegten Terroranschlag hin. Dies sagte ein sri-lankischer Sicherheitsexperte dem SPIEGEL.
Im Hotel Shangri-La habe man Sprengstoff eines Typs gefunden, der bereits in der Vergangenheit bei gewaltbereiten Islamisten sichergestellt worden sei, so der Experte. Ein anderer Bomben-Attentäter wartete in der Schlange des Buffets im Cinnamon Grand Hotel, bevor er seinen Sprengsatz zündete. Der Hotelmanager zur Agentur AFP: „Es war totales Chaos. Es war 8.30 Uhr und viel los. Er kam dann an die Spitze der Schlange und zündete.“
Lokale Medien berichten, dass vermutlich an allen Orten Selbstmordattentäter am Werk waren. Die Ermittlungen konzentrierten sich dabei dem Vernehmen nach auf eine Terrororganisation, mit dem Namen "National Thowheeth Jama'ath" (NTJ).
Sri Lankas Polizeichef habe bereits vor zehn Tagen vor der Gruppe gewarnt, heißt es. Ihm lägen Hinweise von einem ausländischen Geheimdienst vor, dass die Organisation Anschläge auf Kirchen sowie auf die indische Botschaft in Colombo plane, schrieb er am 11. April an hochrangige Beamte. Die Organisation war erstmals im vergangenen Jahr in Erscheinung getreten, als sie für die Zerstörung buddhistischer Statuen verantwortlich gemacht wurde.