Verstärkte Segmentierung
Wirglauben, dass sich auch in diesem Jahr der Rohstoffsektor als sehrheterogen präsentieren wird und sich verschiedene Rohstoffe und dieMarktsegmente unterschiedlich voneinander entwickeln werden. Einestarke Differenzierung ist nicht nur im Rohstoffsektor allgemein,sondern auch innerhalb der einzelnen Segmente festzustellen.
Anleger bestimmen mittelfristig das Geschehen
DieTatsache, dass noch vor dem Kollaps von Lehman Brothers sowohl derÖlpreis als auch der gesamte Rohstoffsektor im Vergleich zumJahresanfang 2008 im Plus notierte, und der große Abverkauf unmittelbardanach kam, zeigt aus unserer Sicht deutlich, dass dieAnlegerhandlungen das Geschehen am Markt geprägt haben. Für denGroßteil des Handelsvolumens an den Terminbörsen sind nach wie vor dieFinanzinvestoren und Händler verantwortlich. Deswegen dürfte dasGeschehen am Rohstoffmarkt weiterhin stark durch ihre Aktionenbeeinflusst bleiben.
Die Folgen der Finanzkrise
Manscheint bei all den negativen Folgen einen entscheidenen Faktor zuübersehen: Die Rohstoffproduzenten sind durch die Kreditklemme und diefallenden Preise ebenfalls negativ betroffen. Denn auch für dieRohstoffhändler und insbesondere Produzenten hat sich aufgrund derKreditklemme und der pessimistischen Gewinnaussichten wegen derfallenden Preise der Zugang zu Kapital massiv erschwert. Das führt inder Gegenwart zu starken Produktionseinschnitten und sollte langfristigsogar Produktionsengpässe begünstigen, weil in der Folge dieInvestitionen massiv reduziert werden.
Die Produktionsseite wird in den Fokus der Marktteilnehmer rücken
DieMarktteilnehmer waren in den letzten Monaten hauptsächlich um dieNachfrageschwäche sowohl in den OECD-Ländern als auch in China undIndien besorgt und haben dabei den zahlreichen Risiken auf derProduktionsseite zu wenig Beachtung geschenkt. Die Produzenten solltenjezt mit Kürzungen reagieren, was den Markt wieder ins Gleichgewichtbringen wird.
Energie: Ausblick 2009 – Ölpreisstabilisierung dank OPEC-Kürzungen
Wirführen den Preisrückgang bei Rohöl auf eine Verschlechterung derNachfrageperspektiven in den Industrieländern und die gestiegene Rolleder Finanzinvestoren zurück, welche ihre zuvor aufgebautenRohstoffengagements deutlich reduzierten. Wir glauben, dass derPreisverfall der letzten Monate übertrieben ist und der Ölpreis nichtmehr deutlich fallen wird. Wir erwarten dank der Produktionskürzungendurch die OPEC eine Stabilisierung im Frühjahr 2009, ehe zurJahresmitte wieder ein langfristiger Aufwärtstrend aufgenommen wird.Zum Jahresende dürfte der Preis wieder bei 70 USD pro Barrel liegen.
OPEC-Produktionskürzungen lassen Markt ins Defizit rutschen
Auchwenn die Rohölnachfrage im laufenden Jahr zurückgeht, sollte dieReaktion seitens der Produzenten ausreichen, um den Ölmarkt wieder insGleichgewicht zu bringen und das Preisniveau zu stabilisieren. Aufgrundvon Produktionskürzungen dürfte das OPEC-Angebot in den kommendenMonaten um bis zu 4,2 Mio. täglich im Vergleich zum letzten Septem-ber,als die ersten Kürzungen beschlossen wurden, sinken. Diesmal zeigensich die OPEC-Länder im Gegensatz zu den 80er und 90er Jahren festentschlossen, die Kürzungen auch komplett umzusetzen. Dabei könnte auchdie Produktion in den wichtigsten Nicht-OPEC-Ländern wie Russland,Mexiko, Norwegen oder Aserbaidschan enttäuschen.
Lagerbestände und Contango der Terminkurve
DerAbverkauf und die Zwangsliquidationen durch die Finanzanleger habenauch die Form der Terminkurve von Backwardation in der Vergangenheit inContango gedreht, d.h. früher lagen die Terminpreise unter demKassakurs, jetzt liegen sie weit darüber. Einerseits deutet Contangoauf eine derzeit ausreichende Versorgung am Ölmarkt hin. Auch dieKreditklemme hat direkte Auswirkungen, da diese einerseitsLiquidationen zu jedem Preis begünstigt und andererseits eine Arbitrageentlang der Kurve unmöglich macht. Darüber hinaus spiegelt die Form derKurve teilweise die Erwartungen der Marktteilnehmer wider, dass dasjetzige Preisniveau langfristig gesehen zu niedrig ist und die Preisedaher künftig wieder steigen werden.
Die Implikationen vomContango sind auf den ersten Blick negativ. Die Lagerbestände werdenweltweit massiv ausgebaut, wobei man jetzt auch die Öltanker als„schwimmende Öltanks“ benutzt. Dies dürfte langfristig dasPreispotenzial stark begrenzen. Dennoch zeigt der zweite Blick, dassden Zeiten ausgeprägten Contangos oft starke Erholungsphasen folgen.
Risiken: Geopolitische Spannungen und Nationalismus
Wiekaum ein anderer Rohstoff unterliegt Rohöl geopolitischen Risiken.Weiteres Konfliktpotenzial bei den großen Ölproduzenten Nigeria, demIran, Venezuela und Russland dürfte für einen nachhaltigenRisikoaufschlag beim Ölpreis sorgen. Auch bleibt abzuwarten, ob sichdie Tendenzen zur Verstaatlichung und der verstärkten Staatskontrolleim Energiesektor in wichtigen Förderländern, wie z.B. Venezuela oderRussland, weiter fortsetzen. All dies spricht für eine Zunahme bzw.Beibehaltung der Risi-koprämie beim Ölpreis in den kommenden Monaten.
Ausblick für Ölprodukte
Haupteinflussfaktorfür die Preise der Ölprodukte bleibt die Preisentwicklung bei Rohöl.Hier gehen wir zunächst von einer Stabilisierung und im weiterenJahresverlauf von einem Preisanstieg aus, weil wir ab Jahresmitte miteiner allmählichen konjunkturellen Belebung rechnen. Im ersten Halbjahr2009 rechnen wir damit, dass sich Benzin besser als Diesel entwickelt,vor allem weil der Rückgang davor übertrieben war und im Sommer dieBenzinnachfrage saisonalbedingt anzieht. Zur Jahresmitte sehen wirBenzin bei 530 USD und Diesel bei 550 USD je Tonne. Auf Jahressichtdürften die Preise für Benzin von jetzt 370 USD auf 630 USD und fürDiesel auf 670 USD je Tonne anziehen.
Erdgas: Nichtnur der fallende Ölpreise, sondern auch die starkeProduktionsausweitung und der massive Ausbau der Lagerbestände imVorfeld der Heizsaison haben im Vorjahr die US-Gaspreise massiv unterDruck gebracht. Gleichzeitig geht bedingt durch die Rezession dieNachfrage nach Erdgas aus der Industrie und nach Strom zurück. Ausdiesen Gründen gehen wir bei US-Erdgas (Henry Hub) von einerSeitwärtstendenz bei 6 USD/MMBtu in den ersten 2 Quartalen aus. In den3. und 4. Quartalen dürfte der Preis wieder auf 7 bzw. 8 USD/MMBtuanziehen. Längerfristig dürfte Erdgas wegen seiner höherenVerfügbarkeit und der Sauberkeit – der CO2-Ausstoß der mit Erdgasgetriebenen Kraftwerke ist weitaus geringer ist als bei Kohle oder Öl –profitieren. Auch in der Energiepolitik des neuen US-Präsidenten Obamadürfte Erdgas eine stärkere Rolle zukommen. Daher rechnen wir im Jahr2010 mit einem Anstieg auf 8,5 USD von 6,8 USD/MMBtu in diesem Jahr.
Kohle:Kohle konnte sich im Jahr 2008 im Vergleich zu den anderenEnergieträgern besser behaupten, was teilweise auf den geringerenEinfluss spekulativ orientierter Anleger bei Kohle zurückzuführen ist.Ähnlich wie bei anderen Rohstoffen kam es im zweiten Halbjahr bei Kohlewegen der überraschend kräftigen Konjunkturabkühlung zu einem extremenPreisrückgang. Dennoch dürfte sich die Rezession in den OECD-Ländernauf den Kohlepreis weniger negativ auswirken als auf die Preise andererIndustrierohstoffe. Denn bei Kohle ist China für knapp 43% derWeltnachrage verantwortlich. Außerdem haben die Kohleproduzenten aufden Preisrückgang bereits mit deutlichen Produktionskürzungen reagiert.In der Folge sind die Kohlelagerbestände in China vom im Novemberverzeichneten Hoch schon wieder massiv gefallen. Wir erwarten, dass diePreise für Kesselkohle von jetzt 80 USD bereits im 3. Quartal 2009wieder über 100 USD und im nächsten Jahr sogar auf 120 USD je Tonneanziehen werden.