Verdient die Veranstaltung in Davos noch denNamen „Weltwirtschaftsforum“? - fragt die "Märkische Allgemeine Zeitung" besorgt. Eigentlich eine berechtigte Frage.
Gegründet wurde das jährliche Treffeneinmal mit dem Anspruch, dass die Eliten aus Unternehmen, Politik undWissenschaft ein paar Tage über den Zustand der Weltwirtschaftnachdenken und zukunftsweisende Konzepte diskutieren.
Doch mit derinternationalen Finanzkrise steckt das Treffen selbst in der Krise. DieRezepte, die dort über Jahre hinweg diskutiert wurden, basierten alleauf einem Dogma: Der Markt ist allmächtig – und er wird es schonrichten. Doch angerichtet wurde ein verheerender, globaler Flächenbrand.
Das Haus brennt. Jetzt muss es schnell darum gehen, den Brand zu löschen. So schlicht und drastisch beschreibt der frühere US-Präsident Clinton die Lage der Weltwirtschaft in Davos. Doch über die Löschmittel herrscht Rätselraten. Keiner weiss was, aber alle reden lang. Und überall Reporter und Kameras, welche das Geblubber dankbar in die Welt senden.
Der konvertierte Globalisierungskritiker Heiner Geißler kenntjedenfalls die Ursachen der gegenwärtigen Krise: "Die Gier nach Geldzerfraß die Hirne dieserMenschen", die durch ihren Handel mit risikoreichen Finanzprodukten dieaugenblickliche Krise herbeigeführt hätten. "Das ganze System ist vonder Wurzel her verdorben", sagt Geißler, "es hat sich erledigt." Geldgebe es "wie Dreck auf der Welt", man müsse es nur richtig verteilen.Danke Heiner, das hast du gut gesagt - und was jetzt?
Morgan-Stanleys Chefvolkswirt Stephen Roach musste sich in einem Seminar über dieUrsachen der Finanzkrise und den aus heutiger Sicht abenteuerlichenHandel mit undurchschaubaren Finanzprodukten fragen lassen: "Warum wartihr Banker eigentlich so dumm?" Roach pariert den Angriff mit derGegenfrage: "Warum waren die Aufsichtsbehörden, die Politiker, dieKäufer der Produkte, ihr alle, so dumm?
Medienunternehmer Rupert Murdoch erklärt die Stimmung in Davos so: "Die Leute sind traumatisiert." Und dieKrise werde bald noch schlimmer, "die Werte verfallen weiter".
"Ideologisch gesehen, ist die wichtigste Lehre nicht, dass derKapitalismus versagt hätte", sagt Morgan-Stanley-Ökonom Roach. "Wirhaben dabei versagt, das Modell richtig zu steuern und zu regulieren."
Und wie gehts weiter? Nassim Taleb, Bestsellerautor ("Derschwarze Schwan") und Finanzprofessor aus New York erklärt: "Solange eskeine Bestrafung der Verantwortlichen gibt, werden wir niemals immunsein gegen diese Exzesse."