Das Schreckgespenst der Deflation ist bei Politikern besonders inZeiten beliebt, wenn es darum geht, massive Geldmengenerhöhungen zurechtfertigen. Da Deflation, verstanden als zu Kaufstreiks führendePreisrückgänge, von den tonangebenden Meinungsmachern als etwasSchädliches und der Wirtschaft abträgliches hingestellt wird, kann manMilliardenkredite an Banken und andere mit dem Staat verbandelteGroßkonzerne, New-Deal-artige Infrastruktur-Konjunkturprogramme, jaselbst Konsumentengutscheine und andere vulgärkeynesianische und einehohe staatliche Zeitpräferenz bedienende Gießkannentricks alsvernünftiges Gegenmittel zur Deflation im besonderen und zurWeltwirtschaftskrise im allgemeinen verkaufen.
Da tut etwasAufklärung über das Wesen der Deflation sehr not, und diese liefert einMises-Schüler und alter Weggefährte von Ayn Rand, der US-amerikanischeWirtschaftsprofessor George Reisman in seinem Internet-Journal.
Reismanmacht die auf den ersten Blick vielleicht überraschende Behauptung,dass entgegen der Meinung vieler Laien und Journalisten, aber auchgestandener Wirtschaftswissenschaftler fallende Preise an sich keineDeflation darstellen, sondern dass Preisrückgänge vielmehr derDeflation entgegenwirken.
Gemäß Reismans Definition ist Deflationnämlich ein Rückgang des Geldflusses innerhalb einerWirtschaftsgemeinschaft. Dies erfolgt in der Regel durch einen Rückgangder für den Handel zu Verfügung stehenden Geldmenge, was zum Beispieldann passiert, wenn die Konsumenten lieber sparen statt Geldauszugeben. Selbst wenn ein Staat die Menge der Monopolwährungdrastisch erhöht, muss der Geldumlauf anfangs nicht unbedingt steigen.Deflation bringt es mit sich, dass die auf dem Markt Agierendenaufgrund des verminderten Geldumlaufs ihre Preise reduzieren, um derKaufflaute entgegenzuwirken. Dies ist dann eine Reaktion auf dieDeflation, nicht aber die Deflation selbst.
Fallende Preisekönnen aber natürlich auch die Folge einer Produktionssteigerung undeines steigenden Warenangebots sein, also wesentlicher Merkmalewirtschaftlichen Fortschritts und eines steigenden Lebensstandards. Indiesem Falle gehen fallende Preise mitnichten mit Umsatz- oderGewinnrückgängen oder auch Schwierigkeiten bei Schuldenrückzahlungenund Pleiten einher, wie etwa in den letzten Jahrzehnten bei der PC- undElektronikindustrie.
Reisman führt weiter aus, dass vor allembei einem hundertprozentigen Goldstandard durch Produktionssteigerungausgelöste fallende Preise die Gewinnmargen der Unternehmen sogarerhöhen würden. Produktionssteigerungen stehen dann in einem direktenVerhältnis zu fallenden Preisen.
Fallende Preise sind an sicheine gesunde Markreaktion auf eine Deflation und können daher sogar alsMittel gegen die Deflation angesehen werden. Reisman illustriert denSachverhalt anhand eines einfaches Beispiels:
„Bill kaufte frühereinmal pro Woche im örtlichen Supermarkt ein. Er hatte 10 Dollar fürabgefülltes Wasser zur Verfügung. Bei dem früheren Preis von einemDollar pro Flasche konnte er 10 Flaschen kaufen. Nun, mitten in derRezession, hat Bill im Supermarkt nur noch 5 Dollar für Wasser zurVerfügung. Die Frage lautet nun: Zu welchem Preis pro Flasche würdeBill in der Lage sein, für fünf Dollar 10 Flaschen Wasser zu kaufen,für die er vormals 10 Dollar zahlen musste? Die Antwort ist 50 Cents.Die Frage und die Antwort darauf verdeutlichen, dass ein Preisrückganges ermöglicht, dass man bei reduziertem Ausgabenbudget so viel kaufenkann, wie man vorher bei einem größeren Budget kaufen konnte.
DieserPunkt kommt selbst dann zum Tragen, wenn niedrigere Preise nicht zugrößeren Anschaffungen der betreffenden Waren führen. Nehmen wir einmalan, der Preis für einen Eimer Milch fällt von acht auf vier Dollar.Doch Bill und seine Familie brauchen nicht mehr als einen Eimer proWoche und kaufen also zu dem niedrigeren Preis nicht mehr Milch.Dennoch hilft der Preisrückgang bei der wirtschaftlichen Erholung. DennBill hat nun vier Dollar mehr in der Tasche, um andere Dinge zu kaufen,die er möchte und sich vorher in Ermangelung an Geldmitteln nichtleisten konnte. Ein weiteres einfaches Beispiel sind Preisverfalle beiBenzin oder Heizöl, was es den Leuten ermöglicht, mehr Mittel fürandere Produkte übrig zu haben.“
Im Gegensatz zu fallendenPreisen ist Deflation vielmehr ein Prozess finanzieller Kontraktion. Inder gegenwärtigen Krise haben wir es mit einer Kontraktion von Kreditenund kreditabhängiger Ausgaben zu tun. Preis- und auch Gehaltsrückgängesind also geeignete Mittel, um eine solche Deflation zu überwinden.Doch indem heutzutage fallende Preise mit Deflation gleichgesetztwerden, herrscht große Unsicherheit, was geeignete Maßnahmen gegen dieKrise angeht, denn man verwechselt die Lösung mit dem Problem.
DieseVerwirrung führt dazu, dass man staatliche Maßnahmen befürwortet, dieeinen Preisverfall verhindern. Und genau dies verstärkt die negativenFolgen der Deflation, denn gerade dann werden die Leute dazuangeleitet, Anschaffungen aufzuschieben, obwohl sie die Mittel dazuhätten.
Das beste Mittel gegen die Weltwirtschaftskrise wäre esalso, wenn der Staat sich nicht in die Preisbildung einmischt, und dasbetrifft gerade auch die Preise für Arbeit, also Löhne und Gehälter. David Schah --->ef-online Internet: Artikel von George Reisman zur Deflation