Der letzte Bericht über 3 Inderaus Kalkutta hier an den Gestaden Sri Lankas hat teilweise auch negative Reaktionen hervorgerufen.
Kritik, dass ich es mir hier gut gehenlassen würde, während andere darben. Doch warumdie Geborgenheit und Ruhe einer Bucht am Indischen Ozean tauschengegen die westliche Untergangshektik?
Ich versichere Ihnen aber, dass wir trotzdem fleißig sind. Wir arbeiten hier bei MMnews in einemkleinen Team und ich wundere mich jeden Tag neu, dass zumindest dieTechnik funktioniert. Das ist in Sri Lanka nicht selbstverständlich.Manchmal müssen wir die Ameisen aus den Computern entfernen. Diescheinen sich dort ganz wohl zu fühlen. Entlohnt wird man hierdurch eine wunderbare Landschaft und tropisches Ambiente.
Die Nachrichten aus der Ferne, ausEuropa oder den USA, klingen wie ein irrationales Theaterstück.Ein Drama aus einer anderen Welt. Da ist es manchmal ganz gut, sichauf das Wesentliche zu besinnen.
Wenn ich durch die Palmen hindurch aufdas glitzerne Meer schaue, dann hat das einen ungemein beruhigendenEffekt. Langsam, ja fast behäbig aber immer gleichmässig fließen die Wogen in Richtung Strand, an dem sie weiß-schäumendbrechen.
Ein leichter Monsun erfrischt dietropische Hitze. Es ist eine Ort, der einfach wunderbar ist. Leichtwiegen sich die Palmen im Rhythmus des Windes. Balsam für Geistund Seele. Hier ist alles ganz friedlich. Doch das ist leider nichtüberall so.
Vorgestern wurde Colombo wieder von denTamil Tigers angegriffen. Der einzige internationale Flughafen –geschlossen. In zwei Flugzeugen stürzte sich einSelbstmordkommando einer Gruppe, die sich „schwarze Tiger“ nennt,auf die Stadt. Der Konflikt in Sri Lanka, eine endloseLeidensgeschichte.
Ich kenne Sri Lanka seit über 25Jahren. 1984 floh ich als einer der Letzen aus dem umkämpftenNordosten, bei Trincomallee. Eine grauenvolle Situation. Währendaus dem Dschungel die Gewehrsalven von selbst ernanntenBefreiungskämpfern zu hören waren, wurden auf offenerStraße Verräter bei lebendigem Leib auf Zaunpfählenaufgespießt.
Seitdem kommt das Land nicht zur Ruhe.Die Ursachen sind komplex. Aber ein Phänomen scheint auch in SriLanka wesentlich zu sein: Je näher man dem Äquator kommt –und diese Erfahrung habe ich auch in Afrika gemacht – destowahrscheinlicher ist es, dass man auf eine Befreiungsarmee stößt,die gegen eine andere Befreiungsarmee kämpft, oder gegen eineRegierung kämpft, die früher mal eine Befreiungsarmee war.
Selbstmordkommando "Schwarze Tiger" mit Chef (Mitte) Die beiden Herren links und rechts stürzten sich mit ihren Flugzeugen am Freitag auf Colombo. Dafür wurden sie vorher noch schnell mit einem Tapferkeitsorden ausgezeichnet - dem "Blauen Tiger Orden".
Hier kämpfen die Tamilen-Tiger,tamilische Guerillas, welche angeblich einen eigenen Staat imNordosten gründen wollen. Von diesen „Tigern“ gibt esetliche Untergruppen, die sich wiederum spinnefeind sind. Einaussichtsloser Kampf, der 100000ende Menschenleben forderte. DieTiger sind erbarmungslos. Sie benutzen tamilische Zivilisten alsSchutzschilde. Aber ich versichere Ihnen, dass viele Tamilen gegendiesen Kampf sind - er wird der Bevölkerung im Nord-Ostenaufgezwungen. Wer gegen die Tiger ist, wird aufgeknöpft.
Dagegen bombt die Regierung in Colomboan. Wahllos fliegen die Bomben in den Dschungel und treffen natürlichwiederum die leidgeplagte Zivilbevölkerung. Ein Teufelskreis.Gesponsert wird das Kriegsgeschäft von Indien, wo auch dieWaffen herkommen.
Wenn die leidgeplagte tamilischeZivilbevölkerung in Auffanglager flieht, wird sie von den Tigernin die Luft gesprengt – wie jüngst von einer 13jährigen(!) tamilischen Selbstmordattentäterin, welche sich und zigandere Tamilen in einem Flüchtlingscamp tötete.
Ende der 80iger hatte ich mich aktiv inhiesige Friedensbemühungen eingeschaltet. Im Rahmen einerTV-Dokumentation über die Hintergründe des Bürgerkriegesin Sri Lanka interviewte ich damals auch den Präsidenten. Dieserversprach, dass der Krieg in wenigen Jahren vorbei sei. Kurze Zeitspäter wurde er erschossen.
In der Zwischenzeit, Anfang der 90iger,gab es auch hier unten im Süden – wo ich derzeit weile –eine Untergrundarmee. Dieses Mal eine Kommunistische. Auch siewollten Freiheit. Auch sie zerrten wahllos angebliche Verräter –teils Jugendliche – aus ihren Häusern und verbrannten sie beilebendigem Leib auf Feuern aus alten Autoreifen.
Ich erspare Ihnen Beschreibungen, wasdiese Truppe sonst noch alles angestellt hat. - Heute sitzt siejedenfalls im Parlament.
Und ich sitze an meiner Bucht, wo dieWogen seit eh und je im Gleichklang in Richtung Strand ziehen. Aufeiner kleinen Anhöhe schweiften mein Blick und meine Gedankendurch die flüsternden Palmen in die Ferne. Dieser Ort hat etwasMeditatives.
Und ich lerne sehr viel. Eine derwichtigsten Lektionen, die es zu lernen gilt, ist, worauf es im Lebenwirklich ankommt. Sind es die Verlockungen einer Konsumgesellschaft,welche ihren Marketing-Opfern immer neue Reize vorgaukelt?
Die Kokosnuss hier gibt’s praktischumsonst. Wohlschmeckend und bekömmlich, was die Natur bietet.Der Saft einer frischen Kokosnuss ist nicht nur durstlöschendsondern hoch vitaminreich. Diese Kokosnuss, ein Wunderwerk der Natur.
Die Fischer werfen Netze ins Meer undholen garantiert immer Beute an Land. Einzeln – oder im Teamwork.Dann bringt ein kleines Boot ein großes Netz etwa 100m vor demStrand ins Wasser. An Land ziehen links und rechts etwas ein DuzendFischer das Netz wieder raus.
Beim letzten Mal waren mindestens 50kgFisch in so einem Netz – ein unglaublicher Anblick.
Aufgeteilt wird der Fang nach uraltenSchema. Jeder kriegt etwas ab. Teilweise strömen Käuferherbei. Einer von ihnen regte sich gestern darüber auf, dass dieFische immer teurer würden.
Ich entgegnete dem aufgebrachtemKunden, dass nicht die Fische immer teurer, sondern sein Geld immerweniger wert sei. Inflation.
Zwei dunkle Augen schauen michungläubig an. Infläschn? Whats that? In einer kurzenAufklärungsaktion hieß ich den Fischkonsumenten doch malseine Banknoten anschauen. Diese seien so dreckig und ausgelaugt,dass man es ihnen ja schon mit bloßem Auge ansehe, wie wertlossie seien. Deshalb brauche er sich nicht zu wundern, wenn er fürein Kilo Fisch immer mehr von diesen Lappen rüberreichen müsse.
Der Fischer schaute interessiert drein.Ich bedeutete ihm, dass seine Fische wie Gold seien. Eine ziemlichwertbeständige Angelegenheit und dazu immer frisch: „Your fishis like gold!“
Diese Aussage wurde allerdings von demfasst zahnlosen Fischer nicht akzeptiert. Seine Antwort:„Fish is not gold. Gold you can not eat.“
Recht hat er. Fisch ist besser alsGold.