Lieber Investor,
wer stoppt Donald Trump und wie? Nur sechs Wochen nach dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten wird diese Frage immer lauter gestellt. Nicht nur in Amerika selbst. In der gesamten Welt sehen sich die politischen und wirtschaftlichen Führer vor das Problem gestellt, wie sie mit einem Mann umgehen sollen, dessen Strategie darin besteht, permanent extrem zu polarisieren.
Im Wahlkampf hat Donald Trump diese Strategie mit großem Erfolg angewandt. Es hat ihm dabei nicht geschadet Frauen zu beleidigen oder Minderheiten vor den Kopf zu stoßen. Er hat gelogen, dass sich die Balken biegen, und wurde am Ende dennoch mit einer überraschend klaren Mehrheit der Wahlmänner ins Weiße Haus gewählt.
Die ersten Wochen im Amt zeigen, dass der Präsident seine Lektion gelernt zu haben scheint. Seine Wahlkampfstrategie ist auch die Strategie seiner Wahl, wenn es um das politische Tagesgeschäft geht. Er regiert so, wie er im vergangenen Jahr Wahlkampf gemacht hat, indem er nach Kräften polarisiert und die Welt in ein klassisches Freund-Feind-Schema einteilt.
Das Problem aller seiner Freunde ist dabei jedoch, dass sie sich dieser Freundschaft niemals vollkommen sicher sein können, denn sie beruht nicht auf ehrlicher Sympathie, sondern allein auf dem kurzfristigen Nutzen. Wenn die ewige Polarisierung der angebliche Schlüssel zum Erfolg ist, dann kommt auch früher oder später der Punkt, an dem zwischen der Freundschaft und der Polarisierung zu wählen ist.
Politiker müssen kompromissbereit sein
Was, wenn Donald Trump in diesen Momenten der Polarisierung weiterhin den Vorrang einräumt? Die Gefahr ist sehr real. Denn wenn Amerika wieder ‚great‘ werden soll, dann müssen andere notgedrungen kleiner werden. Das gebietet schon die formale Logik, denn wenn alle ‚great‘ sind, ist ‚great‘ zu sein nur noch der Durchschnitt und den wird Donald Trump für sich selbst wie für sein Land wohl kaum wünschen.
Donald Trump hat in den ersten Wochen seiner Präsidentschaft in vielen Situationen klar zu erkennen gegeben, dass er sich um gewisse Spielregeln einer funktionierenden Demokratie am liebsten nicht kümmern möchte. Er sieht sich als den für alle die Richtung vorgebenden Topmanager des Landes, nicht als den ersten Diener des Staates, der bei all seiner Machtfülle immer noch in ein fein ausbalanciertes System von Kontrollmechanismen eingebunden ist.
Ein Politiker, der langfristig erfolgreich sein will, muss, egal, wie ausgeprägt sein Ego auch sein mag, bereit und in der Lage sein, Kompromisse zu schließen. Die Fähigkeit zum Kompromiss setzt ein Verhandlungsgeschick voraus, das weit über die reine Polarisierung und Ausnutzung von Gegensätzen hinausgeht.
An dieser Stelle könnte Donald Trump leicht scheitern, denn Kompromisse müssen ihm und seinen Anhängern leicht wie Niederlagen vorkommen. Er wird sie aus diesem Grund vermutlich von sich aus nur sehr selten anstreben. Damit stehen die Zeichen eigentlich immer und in jeder Frage permanent auf Konfrontation.