- Die wahren Schuldigen
Die Rededes US-Präsidenten am Dienstag den 24. Februar 2009 zur Lage derNation war glänzend. Er versteht es grosse Auftritte zuzelebrieren und mit seiner Rhetorik seine Zuhörer zu fesseln.Doch bei allem Zauber, der von ihm ausgeht, muss man konstatieren,dass er, wenn es um ökonomische Fragestellungen geht, die vonihm angesprochene Langfristigkeit im Denken, vermissen lässt.
Selbst wenn das aktuelle Konjunkturprogramm kurz- bis mittelfristigfür Stimulans sorgen kann, es löst keines der Probleme, diezur Weltwirtschaftskrise geführt haben. Es ist zu leicht, alsSchuldige der aktuellen Krise alleine die Wallstreet auszumachen.
Hauptverantwortlich war die Federal Reserve die mehr als 13 Jahrelang die Geldmenge stärker steigen ließ als das Wachstumdes Bruttosozialproduktes. Die Notenbank handelte grob fahrlässig,das sie die Zinsen immer tiefer senkte, um Krisen zu lösen undso eine Blase nach der anderen auslöste.
Der amerikanischeKongress, der die Gründung der unregulierten mit Staatsgarantienausgestatteten Monopole Fannie Mae und Freddy Mac gestattete, trugmaßgeblich dazu, dass sich die gesamte US-Ökonomie in einriesiges Ponzi-Schema verwandelte. Selbstverständlich ist esnicht akzeptabel, dass Banker dieses System radikal zu ihren Gunstenausgenützt haben, jedoch die Schuldigen der Krise sassen in denZentralbanken und den Regierungen dieser Welt.
- Clintons großer Fehler
Eineder katastrophalsten Fehlentscheidungen wurden von Bill Clinton undAl Gore getroffen, als diese im Jahr 1999 das "Glass SteagallAct", welches eine Trennung von Investmentbanken undGeschäftsbanken vorsah, aufhoben. Damit wurde der immenseLeverage bei Finanzprodukten der letzten Jahre und somit die Blase amamerikanischen Häusermarkt erst ermöglicht.
Um iminternationalen Wettbewerb mitzuhalten, mussten Investmentbankenimmer höhere Risiken eingehen, was letztendlich zu derenvölligem Kollaps im Herbst 2008 führte. Dass Obama denFederal Reserve-Chef Bernanke in seiner ausuferndenGelddruckmaschinerie jetzt nicht bremst, wird sich als eine fataleFehlentscheidung herausstellen, da mit einer inflationärenPolitik letztendlich der gesamte Mittelstand in den USA quasienteignet wird.
Obamas Diagnose fehlt die Erkenntnis, dass sich durchdie bisherige Politik die Kreditklemme nicht verbessert hat. Hätteer diese, dann würde er nicht einem Bailout von Bankenzustimmen, sondern das Geld besser direkt den Unternehmen zurVerfügung stellen. Nur durch eine derartige Kreditluftbrückekann verhindert werden, dass die Realwirtschaft weiter kollabiert.
Wenn es genügend Kredite für die Wirtschaft gibt, könnenauch die Zinsen angehoben werden, denn wenn es den USA an etwasmangelt, dann ist es eine höhere Sparquote. Diese lässtsich jedoch nicht durch niedrige Zinsen und das Verschenken vonSteuergeldern an Banken realisieren, da hier falsche Anreize undZeichen gesetzt werden.
- Exogene Abschwungfaktoren
Zwarmag es unter ökonomischen Gesichtspunkten Sinn machen, dassaktuelle Haushaltsdefizit von 10 % des Bruttosozialproduktes auf 3 %bis zum Jahr 2013 zu reduzieren, jedoch funktioniert so etwas nichtin Phasen der Rezession sondern nur in einer Phase der boomendenWirtschaft.
In Amerika boomt jedoch nicht die Wirtschaft, sondern dasSchuldenmachen und durch die Inflationierungspolitik soll diesesdurch den Rest der Welt jetzt mitfinanziert werden. Wenn es nachBernanke geht, wird man in Bälde sogar Staatsanleihen selbstaufkaufen, um das Zinsniveau niedrig zu halten.
Doch halt: Warumsteigen dann die 10-jährigen und 30-jährigen Zinsen aufStaatsanleihen aktuell deutlich an? Sollte der Markt BernankesMilchmädchenrechnung nicht tolerieren?
Obama tut gut daran zuerkennen, dass die zwei wesentlichen Kräfte, die denWirtschaftsabschwung in den USA beschleunigen werden, exogeneFaktoren sind: Erstens spricht der demographische Faktor klar dafür,dass durch das Ausscheiden der Babyboomer-Generation aus demBerufsleben eine klare Wachstumsschwächung der US-Wirtschaft inden nächsten zwei Jahrzehnten eintritt und zweitens werdenausländische Investoren immer weniger bereit sein, der USA zuniedrigen Zinsen Geld zu leihen wenn man Helikopter-Bernanke weitergewähren lässt.
- Erhards Vermächtnis: DieReallöhne müssen wieder steigen!
Doch woher kanndann das Geld kommen, welches für die Restrukturierung Amerikasbenötigt wird? Es kann nur von denjenigen kommen, die es überJahrzehnte der Unter- und Mittelsicht geraubt haben, nämlich deramerikanischen Oberschicht. Wenn in einem Land dieVermögensdisparität so groß geworden ist, wie in denUSA, muss hier der ökonomische Hebel angesetzt werden, wenn eswieder auswärts gehen soll.
Auch die Grosse Depression der 30erJahre hatten ihren Ausgangspunkt in einer unglaublichen Umschichtungder Vermögen hin zu einer Minderheit. So zeigen Erhebungen derletzten Jahre, dass etwa 300.000 Amerikaner zusammen etwa sovielEinkommen erzielten wie 150 Millionen Amerikaner aus der unterenEinkommensschicht(www.nytimes.com).
Pro Person erhielt die Topgruppe der Verdiener das 440-fache anGehalt als eine durchschnittliche Person der unterenEinkommensklasse. Damit haben sich diese Zahlen seit dem Jahr 1980nahezu verdoppelt. Es hat nun beileibe nichts mit Sozialismus zu tun,wenn man von den so genannten Eliten, dass der Mittelschichtgestohlene Geld über höhere Steuern wieder eintreibt.
Dieangebliche Wirtschaftsfeindlichkeit einer solchen Maßnahmelässt sich sofort entkräften, da es gerade dieAkkumulierung von Kapital in immer weniger Händen war, welchedie Weltwirtschaftskrise erst ermöglicht hat. Wenn Obama alserfolgreich die vielleicht größte Depression derWirtschaftsgeschichte bekämpfen will, dann muss er hieransetzen. Der Schlüssel im Erfolg seiner Wirtschaftspolitik wirddarin liegen, dass die Reallöhne der unteren Einkommensgruppenund der Mittelschicht wieder ansteigen. In den USA wirft mittlerweilenur noch jeder zweite Arbeitsplatz ein Gehalt ab, welches fürdie Aufrechterhaltung einesFamilienhaushaltes ausreicht.
Die Folge sind Doppel- oderDreifachbeschäftigungen mit oftmals erheblichen sozialenKonsequenzen für allein erziehende Mütter, Väter undihre Kinder. Für Ludwig Erhards Mahnung, dass der Tatbestandeiner sozialen Marktwirtschaft nur dann erfüllt werden kann,wenn "echte Reallohnsteigerungen" möglichwerden, war im Neoliberalismus kein Platz.
- DieVermögensdisparität umkehren
Wenn Obama also späterdaran gemessen werden wird, ob seine Wirtschaftspolitik erfolgreichwar, dann muss er es schaffen, die Vermögensdisparitätwieder umzukehren und die 10 % der US-Bevölkerung die zweiDrittel der Vermögenswerte kontrollieren, durch höhereSteuern zur Solidarität zu zwingen.
Hätte Roosevelt in den30er Jahren hier angesetzt wäre sein New Deal wesentlicherfolgreicher gewesen. Obama hat jetzt die Chance, der Welt zuzeigen, dass Amerika nicht nur die Rassentrennung durch seinePräsidentschaft endgültig überwinden wird, sondernauch die Einkommenstrennung, die zu einer der ungerechtestenÖkonomien geführt hat, die die Welt je gesehen hat.
Es isteine Schande für die USA, dass mindestens 1/5 der Bevölkerung,d.h. etwa 60 Millionen Amerikaner, unterhalb der Armutsschwelleleben, während die Reichen über Jahrzehnte rauschende Festefeierten.
Seit Milton Friedman galt bei Top-Managern die Doktrin:"Wirtschaft wird in der Wirtschaft gemacht", ohne aufSolidarität, Gleichheit und Gerechtigkeit allzu viel Rücksichtzu nehmen. Yes we can bedeutet, dass Obama diese Doktrin durchbrichtund die wahren Ursachen der aktuellen Krise erkennt und nicht nurSymptome behandelt.
--->www.wissensnavigator.com www.bankingcockpit.com, www.wallstreetcockpit.com,