Alles geht schnell in Nippon. 130 Millionen Japaner kennen nur ein Ziel: die Steigerung des Bruttosozialprodukts. In der S-Bahn sinken die Menschen vor Erschöpfung reihenweise in den Schlaf. Sobald aber die Tür aufgeht, springen sie auf den Bahnsteig und rennen los.
Erkennungsmelodienund Farben helfen, die richtige Bahn ausfindig zu machen. Jede Linieund jede Richtung hat offenbar eine besondere musikalische Note.Problematisch wird dieses „Erkennen Sie die Melodie?" nur, wennmehrere Züge gleichzeitig einlaufen. Da braucht der Pendlerschon gute Lauscher, um festzustellen, ob das eigene Zielangeträllert wird.
Mein Ziel: Electronic City. Alles,was mit Elektronik zu tun hat, wird hier in Tausenden Shopsfeilgeboten. Technisch gesehen ist Japan Europa 5 Jahre voraus. KeinLebensbereich, in dem nicht irgendwo ein Mikrochip verborgen ist! DieJapaner, ein technikbesessenes Volk! Der Hit dieses Jahr: DieKlobrille von Toshiba. (siehe Foto)
Pech hat der Stuhlende, wenn die Warnhinweise nur aufjapanisch die Innenseite des Klodeckels zieren. Dann heißt es,Morgentoilette auf gut Glück! Kaum lässt man sich nieder,kündigt ein leises Surren und hektisches Blinken der seitlichaufleuchtenden Warnsignale Ungemach an. Es gurgelt, es zirpt und manentwickelt wilde Fantasien, was alles schief gehen kann. Manchmalschiesst nämlich das Wasser auch von unten nach oben in diesenHigh-Tech - Scheisshäusern. Und dann heisst es nur noch: rettesich, wer kann...
Einkaufen macht bekanntlich hungrig. Alsosteuere ich eine Garküche an. Fachkundige Beratung tut hier Not.Doch Englisch? Fehlanzeige!
Ich entscheide mich für das,was die meisten hier essen und erhalte einen Napf folgenden Inhalts:halblebendiger Seeigel in einer Art Quallensud, garniert mit Seetank.Das alles wabert über einer gallertartigen Flüssigkeit, aufderen Grund einige Würmer schwimmen. Fremdartige Pilze,Zwiebelschalen und offenbar Küchenabfälle decken das Mal abund verleihen der Komposition seine besondere Note. Gegessen wirddiese suppenartige Mischung mit Stäbchen. Löffel sind inJapan unbekannt.
Ein Blick auf den Nachbarn verrät, wiediese Speise in den Magen gelangt: Der Kopf versinkt unterschlürfenden Geräuschen in dem riesigen Teller. Wie gut,dass der Seeigel keine Stachel mehr hat! Ich tue ihm gleich. DieReste dieses Eintopfs werden mit den Stäbchen in den Rachengekehrt. Endlich speisen wie die Einheimischen! Und so schlimm war esgar nicht. Mit einem Lappen wische ich mir die Speisereste aus demGesicht und trete den Heimweg an.