Lieber Investor,
die meisten Besserverdiener erwirtschaften trotz all ihrer Ausgaben Überschüsse, die sie nach guter, alter Tradition sparen, wodurch sich die Schere zwischen Arm und Reich im nächsten Jahr noch ein wenig vergrößert, denn am unteren Ende der Gesellschaft, reicht das Geld oftmals gerade so zum Überleben und manchmal nicht einmal dazu.
Rücklagen können hier beim besten Willen nicht mehr gebildet werden. Man kann froh sein, wenn das, was noch an Ersparnissen da ist, erhalten bleibt und das gelingt oftmals nur, wenn eisern am privaten Konsum gespart wird. Entsprechend schwach ist anschließend die Binnennachfrage.
Der Staat ist an dieser Stelle in der Gruppe der Armen zu verorten. Guthaben sind keine vorhanden, die Steuereinnahmen reichen in guten Jahren mit Mühe und Not zu einer schwarzen Null oder einem kleinen Überschuss und das gelingt nur, weil in vielen Bereichen, etwa bei der Bildung oder beim Erhalt der Infrastruktur, die Substanz verschlissen wird.
Das System kommt an sein Ende
Deutlich zurückgegangen sind in den vergangenen Jahren die Anteile der Einnahmen aus den Unternehmenssteuern und die Zinszahlungen. Das eine war eine Konsequenz der mit der Globalisierung einhergehenden Erpressung von Staaten und Politikern durch die Konzerne: Die Steuern müssen gesenkt werden oder wir verlagern unsere Produktion ins billigere Ausland und im Inland gehen Arbeitsplätze verloren!
Die Einsparung bei den Zinsen war den Notenbanken zu verdanken. Sie ermöglichte es den Staaten, ihre hohen Zinslasten überhaupt noch irgendwie zu tragen. Dieser Ausgleich ist aber nur vorübergehender Natur, denn die Zinsen werden nicht ewig so niedrig bleiben können. In den USA sind sie längst wieder im Steigen begriffen und auch Europa und der Rest der Welt werden dieser Entwicklung früher oder später folgen müssen.
Dann wird nicht nur die Schere zwischen Arm und Reich größer. Auch die Lücke in den Staatshaushalten wird eines Tages nicht mehr zu schließen sein, denn es ist davon auszugehen, dass die Zinsen viel schneller steigen werden, als es den untereinander konkurrierenden Staaten gelingen wird, die Unternehmenssteuern anzuheben.
Vor diesem Hintergrund ist es egal, ob Sie Ihre Stimme im September Martin Schulz oder Angela Merkel geben. Beide werden das System nicht grundlegend verändern können, wenn sie die Schuldenproblematik nicht ernsthaft angehen. Diese wird nicht mit ein paar Milliarden mehr oder weniger an Einsparungen gelöst. Das zeigt das Beispiel Griechenland nur zu gut.
Die wahren Gewinner bleiben lieber hinter den Kulissen
Notwendig wäre ein radikaler Schuldenschnitt, der auch die Guthaben entwertet und damit die Ausgangslage grundlegend verändert. Ein solcher revolutionärer Schritt wird derzeit weder vom einen noch vom anderen Kandidaten ernsthaft erwogen. Was so viel bedeutet wie, es wird sich an den Grundmechanismen nicht viel ändern.
Oder anders ausgedrückt: Die Gewinner der Bundestagswahl werden nicht Angela Merkel oder Martin Schulz sein, schon gar nicht der ‚kleine Mann‘, sondern die großen Fische aus Wirtschaft und Finanzwelt, also Männer und Frauen wie Georg Scheffler (Continental) oder Susanne Klatten, eine der Großeigentümer von BMW.