YouTube-Chefin Wojcicki entschuldigt sich für Anzeigen rund um Terror-Propaganda - „Gesetz gegen Hassreden birgt Zensurgefahr“
YouTube-Chefin Susan Wojcicki hat sich erstmals bei Werbekunden entschuldigt, deren Anzeigen im Umfeld von extremistischen Inhalten auf der Video-Plattform gezeigt wurden. „Es war nie unsere Absicht, Werbung um Inhalte zu platzieren, die unangemessen sind oder nicht im Einklang mit der Marke unserer Werbepartner stehen“, sagte Wojcicki im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. „Wir entschuldigen uns bei unseren Partnern, bei denen das passiert ist. Das Thema hat die höchste Priorität für uns. Jeder arbeitet rund um die Uhr daran, um das Problem zu lösen“, sagte die Top-Managerin bei einem Besuch in Berlin.
Vor Kurzem war bekannt worden, dass Konzerne wie Daimler, Wal Mart und Starbucks ihre Werbung auf YouTube in Großbritannien abgezogen haben, da diese im Umfeld von Videos gezeigt wurde, die unter anderem für das Terrornetzwerk „IS“ warben. Seither steckt der YouTube -Mutterkonzern Alphabet in der Krise. Allein in der vergangenen Woche verlor das Unternehmen an der Börse 26 Milliarden Dollar an Wert. Wojcicki sagte im Gespräch mit der WirtschaftsWoche, YouTube werde bereits implementierte Maßnahmen wie strengere Vorgaben an Video-Blogger und das Löschen extremistischer Inhalte schneller vorantreiben, Werbekanäle schließen und enger mit den Werbekunden zusammenarbeiten.
Zudem warnte die YouTube-Chefin, das vom deutschen Justizminister Heiko Maas geplante neue Gesetz gegen Hassreden im Netz werde die Meinungsfreiheit in Deutschland beschädigen. „Der Entwurf sieht hohe Geldstrafen vor und gibt ein Zeitlimit von 24 Stunden vor, innerhalb dessen Unternehmen wie YouTube Hassreden und andere illegale Inhalte löschen müssen. „Dies könnte dazu führen, dass die Unternehmen übermäßig unter Druck geraten und mehr Inhalte herausfiltern, als geboten wäre“, sagte Wojcicki.
„Gerade wenn es um politische Meinungsäußerungen geht, kommen wir schnell in unsicheres Fahrwasser. Manche politische Äußerungen mögen nicht besonders populär sein, müssen aber in einer Demokratie angehört werden. Wir riskieren deshalb mit dem Gesetzentwurf, ganze gesellschaftliche Gruppen zu zensieren“, sagte Wojcicki weiter.
Die Managerin machte sich für das jetzige Modell stark, in dem die Unternehmen von selbst handeln. Bei YouTube würden bereits 90 Prozent der angezeigten Hass-Inhalte gelöscht. „Bei uns funktioniert das jetzige System“, sagte sie.
Justizminister Maas plant ein Gesetz, wonach Social-Media-Plattformen wie YouTube und Facebook gemeldete Hassreden innerhalb von 24 Stunden löschen müssen. Bei Verstößen sollen Strafen von bis zu 50 Millionen Euro gezahlt werden.