Lieber Investor,
was haben Aktienhändler mit den Ramschanleihen zu tun? Zunächst einmal nicht viel. Aber wenn man berücksichtigt, dass beide Anlageklassen sich in den USA in den vergangenen zwei Jahren weitgehend parallel entwickelt haben, sollte man hellhörig werden, denn die Kurse der Anleihen der Problemschuldner sind in den letzten Wochen deutlich zurückgekommen.
Schon Mitte März war die unterschiedliche Entwicklung so auffällig, dass man nicht mehr von einer kurzzeitigen Irritation des Marktes sprechen konnte. Zu klar hatten sich beide Anlageformen in unterschiedliche Richtungen auf den Weg gemacht. Während die Aktienbörsen weiter an neuen Hochs bastelten, kamen die Kurse der Ramschanleihen in kurzer Zeit deutlich zurück.
Der Kursrückgang war so groß, dass man zumindest von einer ernsthaften Korrektur sprechen musste. Die Steilheit des Kursverfalls war nicht zu übersehen, und selbst wenn man das reißerische Wort Crash bewusst vermeiden wollte, stellte sich dennoch die Frage, warum das Segment in so kurzer Zeit so viel an Zuspruch verloren hatte.
Es kommt nicht oft, vor, dass sich die Bedingungen am Rentenmarkt quasi über Nacht ändern. Aber wenn dies passiert und viele Händler nahezu zeitgleich die Seite wechseln, ist meist etwas Größeres im Busch. Deshalb sollten auch wir Privatanleger hellhörig werden, wenn der S&P 500 weiter stiegt, während gleichzeitig die Kurse der Ramschanleihen fallen.
Vorgriff auf die FED?
Das Segment der Anleihen mit niedriger Bonität ist deshalb so wichtig, weil es eines der risikoreichsten des gesamten Rentenmarkts ist. Schneller als anderswo deutet sich hier an, wie risikofreudig oder auch wie risikoavers die Anleger agieren und diese Verhaltensumschwünge haben in der Regel Auswirkungen auf fast alle Märkte und Anlageklassen.
Auch Aktien gelten als risikoreich. Diese Einschätzung ist zwar nicht immer zutreffend, sie ist aber der Grund dafür, warum eine Angst- oder Euphoriewelle der Anleger so leicht von den Junkbonds auf die Aktien bzw. von den Unternehmensbeteiligungen auf die Ramschanleihen überschwappen kann.
Ein möglicher Grund für den deutlichen Umschwung in der ersten Märzhälfte könnte auch die Zinspolitik der US-Notenbank sein. Nach den deutlichen Warnungen der FED rechnete der Markt schon vor der Notenbanksitzung Mitte März mit einer weiteren Zinserhöhung. Wenn die Zinsen der sicheren Staatsanleihen steigen, müssen auch die Schuldner mit schlechterer Bonität notgedrungen tiefer in die Tasche greifen, um sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren.
Der Markt könnte diesen Prozess adaptiert und ihn schon vor der Zinsentscheidung in den Kursen umgesetzt haben. Kritischer wird es, wenn die Reaktion des Marktes nicht allein mit Blick auf die US-Notenbank erfolgte. Hatten die Anleger auch die zur Lage der US-Wirtschaft veröffentlichten Daten im Hinterkopf, droht Ungemach.